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Ein Lied-Libretto-Text von Wolfgang Müller von Königswinter für die Ouvertüre von Robert Schumann, 1853 uraufgeführt, für das 31. Niederrheinische Musikfest Düsseldorf. (Der Urtext von M. Claudius wurde von W. M. v. K. wohl auch aus einem besonderen Grund stark verändert ... für die Absicht der Schumann-Komposition.) Der 17.5.1853 war bereits ein Dienstag. Der 16.5.1853 war der Pfingstmontag.


Wolfgang Müller und Robert Schumann kannten sich. Müller war in deren Düsseldorfer Zeit zudem Arzt für Clara und Robert Schumann, namentlich (so er als Arzt) Peter Wilhelm Carl Müller, auch laut Adressbuch. Sein Künstlername aber war schon lange parallel dazu "Wolfgang Müller", später dann auch mit dem festen Namens-Zusatz "von Königswinter".


Schumann durchlitt in Düsseldorf etliche Krisen, war beim Orchester sehr unbeliebt; Schumann gab dann sogar die Leitungstätigkeit als Musikdirektor auf.
Am 27. Februar 1854 stieg er am Rhein (Höhe Oberkassel) über das Geländer einer Ponton-Brücke und stürzte sich in den Fluss, wurde aber gerettet. Schumann würde sehr bald danach Düsseldorf verlassen, denn er kam am 4.3.1854 nach Endenich (damals noch bei Bonn) ins Sanatorium "Anstalt für Behandlung und Pflege von Gemütskranken und Irren" wegen seines immer wirrer werdenden Zustandes. (Wolfgang Müller von Königswinter zog seinerseits bereits mit seiner Familie offiziell am 16.7.1853 als Arzt und Schriftsteller fest nach Köln.)


Auf dieser Web-Seite geht es um a) W. Müllers Text-Version zum Rheinweinlied b) das 4-tägige Gesangfest/Gesangsfest von August 1852 in Düsseldorf c) das 31. Niederrheinische Musikfest (diesmal in Düsseldorf als "Austragungsort") von Pfingsten 1853 ... und um die Geislersche Halle bzw. Tonhalle im Geislerschen Garten in Düsseldorf. (= Alte Halle und Neue Halle im Geislerschen Garten: ACHTUNG! Es gab zwei!)




Siehe auch Tabellarische Zeitleisten-Biografie zu Wolfgang Müller von Königswinter.




Siehe aber auch noch Liste Bücher Publikationen Veröffentlichungen zu Wolfgang Müller von Königswinter.

Alpabetische Titelliste der Gedichte Texte Buchtitel et al. Wolfgang Müller von Königswinter

Einige Personen zu und um Wolfgang Müller von Königswinter

Und siehe auch die Komponisten/innen-Liste mit den vielen Müller-Gedicht-Vertonungen.


Das "Rheinweinlied", aber der Wolfgang-Müller-Text
(W. M. v. K.)
Wolfgang Müller von Königswinter
Im August 2025 erfasst von Klaus Jans vom Notenblatt, 16 Seiten, Verlag N. Simrock, Bonn, 1854, wegen der Zeilen-Wiedergabe im Gedicht-Stil wurde hier am Anfang immer groß geschrieben, jede Zeile – im Notenblatt wird es anders gehandhabt.

 RHENWEINLIED

 Originaltext von 1775



 RHEINWEINLIED

 Matthias Claudius



 -- gelb sind die Teile unterlegt, die sich nur hier
 in der Ur-Version von Claudius wiederfinden lassen
--

 RHEINWEINLIED

    aber nun

 die veränderte Text-Version von W. M. v. K. =

 von Wolfgang Müller von Königswinter, er fügte einiges 
 neu hinzu.


 Als Libretto-Text zur Schumann-Ouvertüre, uraufgeführt am 
 17.5.1853, 31. Niederrheinisches Musikfest (dieses Mal wieder
 in Düsseldorf),

 Schumann-Noten wurden zuerst gedruckt 1854 bei N. Simrock.


  -- farblos (vom Schrift-Hintergrund) sind Teile, die Müller offenbar 
 selber verfasst hatte / ergänzt hatte. Zugleich nahm er nur TEILE
 von der Claudius-Urversion von 1775 --


 -- farbig (blau/orange/rosa) sind die Teile unterlegt, die sich links
 bei der Ur-Version von Matthias Claudius
wiederfinden lassen --



  Bekränzt mit Laub den lieben vollen Becher,
   Und trinkt ihn frölich leer.
 In ganz Europia, ihr Herren Zecher!
   Ist solch ein Wein nicht mehr.


 Er kommt nicht her aus Hungarn noch aus Pohlen,
   Noch wo man Franzmännsch spricht;
 Da mag Sanct Veit, der Ritter, Wein sich hohlen,
   Wir hohlen ihn da nicht.

 Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle;
   Wie wär er sonst so gut!
 Wie wär er sonst so edel, wäre stille,
   Und doch voll Kraft und Muth!

 Er wächst nicht überall im deutschen Reiche;
   Und viele Berge, hört,
 Sind, wie die wayland Creter, faule Bäuche,
   Und nicht der Stelle wehrt.

 Thüringens Berge, zum Exempel, bringen
   Gewächs sieht aus wie Wein;
  Ist's aber nicht. Man kann dabey nicht singen,
   Dabey nicht frölich seyn.

  Im Erzgebürge dürft Ihr auch nicht suchen,
   Wenn Ihr Wein finden wollt.
  Das bringt nur Silbererz und Koboltkuchen,
   Und etwas Lausegold.

  Der Blocksberg ist der lange Herr Philister,
   Er macht nur Wind wie der;
  Drum tanzen auch der Kuckuck und sein Küster
   Auf ihm die Creuz und Quer.

  Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben;
   Gesegnet sey der Rhein!
  Da wachsen sie am Ufer hin, und geben
   Uns diesen Labewein.


  So trinkt ihn denn, und laßt uns alle Wege,
   Uns freun und frölich seyn!
  Und wüßten wir, wo jemand traurig läge,
   Wir gäben ihm den Wein.



_________________________________

 Die Matthias-Claudius-Strophen HIER
  stammen aus
  dem dritten Teil
  der Sammlung
  "Asmus omnia sua secum portans" oder  
  "Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen".
  = ein Urdruck.


 TENORSOLO:


 Was lockt so süß!

 Im lauten Töne weben

 Kehrt stet der alte Klang,


 Horcht, horcht,

 Er will die gold'nen Flügel heben

 Entfaltend freud'gen Sang


 Oft klang er schon an Rebehügeln wider

 Im hellen Sonnenschein,

 O stimmet ein,

 Es gilt ein Lied der Lieder,

 Stimmt ein:

 Am Rhein, am Rhein!


 CHOR:


 Bekränzt mit Laub den lieben, vollen Becher

 Und trinkt ihn fröhlich leer,

 Und trinkt ihn fröhlich leer!

 In ganz Europia,

 Ihr Herren Zecher,

 Ist solch ein Wein nicht mehr,

 Ist solch ein Wein nicht mehr!

 Ist solch ein Wein nicht mehr!


 VIER SOLOSTIMMEN:


 Was lockt so süß

 Im lauten Töne weben

 Kehrt stet der alte Klang


 Horcht, horcht,

 Er will die gold'nen Flügel heben

 Entfaltend freud'gen Sang


 Oft klang er schon an Rebehügeln wider

 Im hellen Sonnenschein,

 O stimmet ein,

 Es gilt ein Lied der Lieder,

 Stimmt ein:

 Am Rhein, am Rhein


 Bekränzt mit Laub den lieben, vollen Becher

 Und trinkt ihn fröhlich leer,

 Und trinkt ihn fröhlich leer!


 In ganz Europia,

 Ihr Herren Zecher,

 Ist solch ein Wein nicht mehr,

 Ist solch ein Wein nicht mehr!

 Ist solch ein Wein nicht mehr!


 Am Rhein, am Rhein, da wachsen uns're Reben,
 Gesegnet sei der Rhein,

 Gesegnet sei der Rhein!


 Da wachsen sie am Ufer hin,

 Und geben uns diesen Labewein,

 Und geben uns diesen Labewein!


 So trinkt ihn denn

 Und lasst uns alle Wege

 Uns freu'n und fröhlich sein,

 Uns freu'n und fröhlich sein!

 Und wüssten wir,

 Wo Jemand traurig läge,

 Wir gäben ihm den Wein,

 Wir gäben ihm den Wein!


_____________________________________________
 VORSICHTIG von K. J. REKONSTRUIERT, wegen PRIMO 
 und SECUNDO ist es nicht so leicht, alles in die richtige Abfolge
 bzw. auch Überlagerung zu bringen. Zumal ohne ein
 entsprechendes Fachstudium zur Musik. Bitte immer in den
 Druck schauen, also den Urdruck aus dem Bonner Verlagshaus
 N. Simrock.



Titel des Werks

Rheinweinlied-Ouverture

Alternativer Titel

Festival Overture on the "Rheinweinlied"; Fest-Ouverture mit Gesang; über das Rheinweinlied: "Bekränzt mit Laub"; für Orchester und Chor.

Komponist

Schumann, Robert

Opus- oder Verzeichnisnummer

Op.123

Sätze/Abschnitte

1

Jahr/Datum der Komposition

1853

Erstveröffentlichung

1854

Librettist

Wolfgang Müller von Königswinter (1816–1873)


NOTENBLATT HIER: Overtures, Arranged, Piano music (4 hands),

"Zum erstenmal aufgefuhrt auf dem 31ten Niederrheinischen Musikfest in Dusseldorf den 17ten Mai 1853."
First edition / erste Ausgabe
Engraved / eingraviert
The text is printed between the staves and beneath the lower staff in both the Primo and Secondo parts.
Der Text ist zwischen den Notenlinien abgedruckt und unterhalb des unteren/tieferen Notensystems (= Bassstab) sowohl in PRIMO als auch in SECONDO PARTS.



N. Simrock = Nikolaus Simrock
(* 23. August 1751 in Mainz, + 12. Juni 1832 in Bonn)
ist Gründer des Verlages N. Simrock, er lebte aber 1854 beim Erstdruck der Schumann-Festouvertüre, geschrieben als/zum Rheinweinlied, fürs Musikfest 1853, für den 17.5.1853, nicht mehr.

Der Mu­sik­ver­lag gehörte ne­ben dem von Breit­kopf & Här­tel und dem Bu­reau de Mu­si­que, bei­de in Leip­zig, zu den be­rühm­tes­ten und mäch­tigs­ten in Deutsch­land. UND: Sein Sohn Pe­ter Jo­seph Sim­rock (1792–1868) und sein En­kel Fritz Sim­rock (1837–1901) führ­ten den Ver­lag durch ih­re Ver­bin­dun­gen zu Fe­lix Men­delsohn-Bar­thol­dy (1809-1847), Ro­bert Schu­mann und be­son­ders Jo­han­nes Brahms (1833-1897) sehr er­folg­reich fort. [[ So u. a. schreibt Barbara Mülhens-Molderings, in: Mülhens-Molderings, Barbara, Nikolaus Simrock, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/nikolaus-simrock/DE-2086/lido/57c9526b75d413.25584762 (abgerufen am 27.08.2025) ]]

Der bekannte Karl Simrock / Karl Joseph Simrock, Germanist, dieser übrigens ein Freund des Wolfgang Müller von Königswinter, ist (dreizehntes!) Kind dieses Nikolaus Simrock.
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KLASSIKA verzeichnet Musik und Text so:
SIEHE www.klassika.info/Komponisten/Schumann/Ouvertuere/123/index.html
Titel: Fest-Ouvertüre über das Rheinweinlied
Tonart: C-Dur
Entstehungszeit: 1852-53
Besetzung: Tenor, Chor (SATB) und Orchester
Erstdruck: Bonn: N. Simrock, 1854, 1855 und 1857
Bemerkung: 1. Ouvertüre
2. Tenor-Solo: Was lockt so süß?
3. Chor: Bekränzt mit Laub den Lieben
Opus: op. 123: Fest-Ouvertüre über das Rheinweinlied
HK Op. 123: Fest-Ouverture mit Gesang über das Rheinweinlied für Orchester und Chor
Letzte Änderung bei KLASSIKA war, beim Abrufen der Seite August 2025, am 9. Juni 2009





Diese Anzeige zum 31. Niederrheinischen Musikfest (Programm-Stand laut Anzeige ist der 18.4.1853) wurde zum Beispiel in der "Kölnischen Zeitung" vom 1.5.1853 veröffentlicht. K. J. hat diese Anzeige als jpg-Bild "ausgeschnitten" und auf 800 Pixel Breite gesetzt, wobei er vorsichtig den Bildhintergrund etwas vom durchscheinenden Text der Rückseite säuberte. Am 5.9.2025 fügte er diese Anzeige zu dieser Homepage-Seite hier hinzu. – Man liest, dass das Programm für den dritten Tag, den 17.5.1853, noch nicht feststeht und erst zu Pfingsten 1853 bekannt gemacht wird. – Für den 15.5.1853, Pfingstsonntag, und 16.5.1853, Pfingstmontag, sind die Dinge aber schon entschieden. Robert Schumann, zu der Zeit Musikdirektor (Music-Director) in Düsseldorf wird z. B. mit seiner Symphonie D-moll diese Musiktage (31. Niederrheinisches Musikfest) eröffnen. – Und was passiert am 17.5.? Zumindest gibt es ein "Künstler-Concert", das steht schon mal fest. Verantwortlich zeichnet das "Fest-Comite für das Niederrheinische Musikfest" für alles. Aber: Die Leitung des Festes haben Hiller und Schumann, so wird es angekündigt. Ferdinand Hiller wirkt zu der Zeit als Musikdirektor in Köln.




Die "Tonhalle des Herrn Geisler".
Oder auch: Die Geisler'sche Tonhalle. Aber die neuere! Die von 1852!

DAS WAR DER ORT FÜR DAS 31. NIEDERRHEINISCHE MUSIKFEST von Pfingsten 1853. (Zugleich das 10te Niederrh. Musikfest in Düsseldorf.)

### Man musste in Düsseldorf einst das Flinger Tor verlassen, um an Resten der Stadtbefestigung vorbei am Flinger Steinweg einkehren zu können. Es gab damals dort »Jansens Gartenlokal«. Später hieß dieses Ausflugsziel »Beckers Garten«. Die Existenz des "Gartens" führte 1818 zur Gründung der »Niederrheinischen Musikfeste« und des "Städtischen Musikvereins". Im hölzernen Gartensaal wirkten hier Musikdirektoren mit höchst glanzvollen Namen, von denen Johann August Burgmüller, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann nur wenige sind. Das oft aus beinahe 1.000 Musikliebhabern bestehende Publikum bezeichnete den Konzertsaal, den auch der 1848 gegründete Künstlerverein »Malkasten« für seine Maskenfeste nutzte, schon damals als »Tonhalle«.
    1850 übernahm die Hofkonditorei Geisler das Gartenlokal, das 1863 ins Eigentum der Stadt Düsseldorf wechselte.

Angesichts der Beliebheit der muskalischen Veranstaltungen im eigenen Konzertsaal leistete sich die Stadt Düsseldorf im Jahr 1864 als zweite deutsche Stadt nach Aachen ein eigenes Orchester. Von dieser Zeit an hieß der die Veranstaltungsstätte auch offiziell »Tonhalle« und wurde nach und nach um- und weiter ausgebaut. ###
    QUELLE INFO: www.duessel-aqua.de/vom-gartenlokal-zur-tonhalle, abgerufen am 27.8.2025, TEXT von K. J. leicht geändert und etwas gekürzt. – Die Informationen könnten allerdings ursprünglich aus diesem Artikel herstammen: >>> Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e. V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf. 16. Jahrgang, Ausgabe 1 (Januar 2012), Seite 34 bis Seite 42.


Bernhard R. Appel schreibt nämlich in diesem soeben erwähnten NEUE-CHORSZENE-Beitrag: "1852 wurde in unmittelbarer Nachbarschaft des seinerzeit Geislerscher Saal genannten Raumes ein zweiter, wesentlich größerer Konzertsaal errichtet, die Tonhalle, die in der einschlägigen Literatur notorisch mit dem älteren Geislerschen Saal verwechselt wird." Siehe: Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e. V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf. 16. Jahrgang, Ausgabe 1 (Januar 2012), S. 34.





Diese Anzeige zum 31. Niederrheinischen Musikfest von 1853, nun nur noch das Programm zum letzten Tag, für den 17.5.1853, wurde u. a. in der "Kölnischen Zeitung" vom 17.5.1853 veröffentlicht. K. J. hat diese Anzeige als jpg-Bild "ausgeschnitten" und auf 800 Pixel Breite gesetzt, wobei er vorsichtig den Bildhintergrund etwas vom durchscheinenden Text der Rückseite säuberte. Am 5.9.2025 fügte er diese Anzeige zu dieser Homepage-Seite hier hinzu. – Robert Schumann, zu der Zeit (noch?) Musikdirektor (Music-Director) in Düsseldorf soll demnach z. B. diese drei Musikfest-Tage auch beschließen. Letzter Programmpunkt ist nämlich seine Fest-Ouverture "über das Rheinweinlied". (Siehe den Text dazu auf dieser Homepage-Seite ganz oben. Wolfgang Müller von Königswinter schrieb einen neuen Text, Libretto-Text, nur bedingt angelehnt an das Ur-Rheinweinlied des M. Claudius.) Es gibt also am 17.5.1853 in Düsseldorf im "Geisler'schen Locale" (dort steht auch die seit 1852 neu gemachte/gebaute Geislersche Tonhalle auf dem Gartengelände) einen Schlusschor und es gibt dazu noch Solostellen/-stimmen, gesungen von Mathilde Hartmann, von Fräulein Sophie Schloß, vom Herrn von Osten und von dem Herrn Strauven. Komponiert hat alles Schumann, er wird seine Ouvertüre auch dirigiert haben, falls es nicht noch zu plötzlichen Streitigkeiten kam. – Interessant: Gäste aus Köln hatten einen eigenen Festival-Zug (Sonderzug). Abfahrt 23 Uhr. Das war damals schon höchstmodern gedacht! – Ebenfalls interessant, aber nicht überraschend: Clara Schumann, Roberts Ehefrau, derzeit schon sehr berühmt, später weltberühmte Pianistin, spielt selber.




DAS Niederrheinische MUSIKFEST von 1853 UND DER SAAL IN DER SCHADOWSTRASSE ... IM GARTEN vom GEISLER'SCHEN LOKAL. -- Hinweis: Die Schadowstraße hieß 1851 noch Flinger Steinweg. --

>>>Das 31. Niederrheinische Musikfest, und zwar das 10. in hiesiger Stadt, wird an den Pfingsttagen den 15., 16. und 17. Mai d. J. in der Tonhalle des Herrn Geisler gefeiert werden. Die Leitung haben die Herren Musikdirektoren Ferdinand Hiller und Dr. Robert Schumann gemeinschaftlich übernommen.<<<  Zitat aus "Düsseldorfer Journal und Kreisblatt" vom 1.5.1853.


-- Später wurde allerdings als Dritter in der Leitung auch noch Julius Tausch genannt. Damals noch eine Art Asssistenz des Düsseldorfer Musikdirektors Robert Schumann. (Tausch wird die Position von Schumann als Musikdirektor in Düsseldorf ab Juli 1854 offiziell einnehmen.)


>>>Der riesige, in Mitten eines lachenden Gartens gelegene Concertsaal, wird sich auch vielen andern Vergnügungen öffnen. Man darf nicht vergessen, daß Düsseldorf durch eine Malerschule berühmt ist, die gepriesen oder getadelt immerhin eine bedeutende Rolle in der Geschichte der modernen Kunst spielt. Wir werden also dort auch eine Gemälde=Ausstellung finden.<<< Zitat aus dem "Independance Belge", wiedergegeben im Düsseldorfer Journal und Kreis-Blatt vom Mittwoch, 11. Mai. Der wiedergegebene Artikel des "Independence Belge"-Artikels ist länger. Hier geht es jetzt nur um den Aufführungsort. Siehe dann auch noch das längere Independance-Belge-Zitat etwas weiter unten.


Im Geisler’schen Saal lagen die Zuschauerzahlen im Jahre 1850 bei nahezu 1000 Besuchern. LAUT QUELLE: Volker Frech, Lebende Bilder und Musik am Beispiel der Düsseldorfer Kultur, diplom.de, 1999, ISBN 3-8386-3062-9, welche wiederum Wikipedia, im Wikipedia-Artikel "Alte Tonhalle", angibt.


1852 wurde unmittelbar neben dem Geisler’schen Saal ein neuer, wesentlich größerer Konzertsaal errichtet, die "Tonhalle". (Das wäre dann die NEUE GEISLER'SCHE HALLE von 1852 = GEISLER'SCHE HALLE ZWEI.)
    QUELLE: Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e. V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf, 16. Jahrgang, Ausgabe 1 (Januar 2012), S. 34, eine Quelle, welche wiederum auch der Wikipedia, Artikel "Alte Tonhalle", angibt. Der DOWNLOAD der PDF-Datei von "Neue Chorszene" via https://musikverein-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2014/10/NC1_12.pdf war am 28.8.2025 für K. J. noch möglich.


Diese neu errichtete Halle für das und des Gesangsfestes von 1852 war demnach GENAU auch diejenige Halle der 31. Niederrheinischen Musiktage, knapp ein Jahr später, 1853. DER GEISLER'SCHE HOLZ-NEUBAU von 1852 trug auch noch 1853 ... und offenbar bis 1863/1864 noch. Und dann noch mindestens 11 Jahre lang. (Die ALTE HALLE war offenbar aus Stein.) Man lese folgendes Zitat aus der "Rheinischen Musik-Zeitung" vom 14.8.1852, es geht um ein Gewitter beim Gesangsfest August 1852, als es die neue hölzerne große Halle ganz frisch schon gab (es gab zwei Hallen parallel, das wird hier zu 100 % deutlich, meint K. J.):

>>>Diese Gartengäste nun flüchteten, da der Boden binnen fünf Minuten durch den wolkenbruchartigen Guss überschwemmt wurde, in den Saal von Stein, der glücklicher Weise neben der Halle von Holz noch zur Verfügung stand.<<<
    In der Zeit vom 24. bis 26. Mai 1863 fand allerdings zum letzten Mal ein Niederrheinisches Musikfest, das vierzigste, in dieser aus Holz erbauten NEUEN GEISLER'SCHEN Tonhalle von 1852 statt. Also jene in der Bau-Version von 1852.
    Im Oktober 1863 übernahm die STADT DÜSSELDORF die Halle und begann den Umbau ab 1864: Aus Holz wurde Stein. "Erweiterungsumbau" nannte man das. Das wäre dann wohl die erste TONHALLE im städtischen Besitz. Diese würde aber erst, so nahm man im September 1864 jedenfalls noch eher optimistisch an, im Jahr 1865 als UMBAU fertig. De facto hat es aber noch bis mindestens Februar 1866 gedauert, mit dem Umbau. (Anbei dazu drei ZITATE aus zwei Zeitungen und einer Zeitschrift.) – OFFIZIELL wurde die neue "Städtische Tonhalle" am 6.2.1866 eingeweiht. Ohne Reden, aber mit Musik.


ZITAT: aus "Kölnische Zeitung" vom 11.9.1864, von K. J. am 10.9.2025 als offener Online-Text fürs Internet erschlossen, die Kursiv-Setzung ist auch von K. J.:

>>>Vermischte Nachrichten. Düsseldorf, 9. Sept. Bekanntlich hatte die im Jahre 1852 hier abgehaltene Provincial=Gewerbeausstellung einen Ueberschuß von mehreren Tausend Thlrn. ergeben, welcher der Stadt mit der Bestim­mung überwiesen wurde, ihn als Einrichtungs=, resp. Garantie=Fonds für eine folgende, etwa nach zehn Jahren abzuhaltende Ausstellung zu verwenden. Da dieser Fonds jetzt die Höhe von etwa 8000 erreicht hatte und durch den Neubau der großen städtischen Tonhalle zugleich ein sehr passendes Local gesichert war, so wurde die Abhaltung der Ausstellung für das Jahr 1865, und zwar in einem bedeutend größeren Umfange wie die frühere, in Aussicht genommen und dazu vom Comite vorbereitende Verbindungen bei den Handelskammern und Industriellen des westlichen Deutschlands mit dem besten Erfolge ein­geleitet. Leider haben genaue technische Ermittlungen nunmehr ergeben, daß es unmöglich sein wird, bis zum Frühjahr 1865 den Neubau der Tonhalle so weit zu beendigen, um ohne „Nachtheil für die Be­schaffenheit der auszustellenden feineren Industrieerzeugnisse die neuen Säle des Locales benutzen zu können. Die Ausstellung wird daher bis zum Jahre 1867 verschoben werden, weil das 1866 abzuhaltende Niederrheinische Musikfest, für welches die Tonhalle vorzugsweise be­stimmt ist, eine so frühzeitige Benutzung des Locales, wie es für die Gewerbe=Ausstellung nothwendig ist, nicht gestattet.<<<


ZITAT: aus der Zeitschrift "Über Land und Meer" vom Februar 1866, Nr. 22, 15. Band, 8. Jahrgang, Seite 343, von K. J. am 10.9.2025 als offener Online-Text fürs Internet erschlossen.

>>>Die neuerbaute städtische Tonhalle in Düsseldorf ist nunmehr so weit vollendet, daß in diesen Tagen eine Beleuchtungs- und Akustikprobe darin stattfinden soll. Der große Saal mit den Nebengemächern wird dann schleunigst fertig hergerichtet, um mit dem in diesem Jahre wieder in Düsseldorf stattfindenden Nieder­rheinischen Musikfest zu Pfingsten feierlichst eingeweiht werden zu können. Zu den bei dieser Gelegenheit auszuführenden Tonwer­ken steht die Mitwirkung der bedeutendsten Talente unserer Zeit in Aussicht, da sowohl Frau Jenny Lind-Goldschmidt, deren Ge­mahl, die Herren Stockhausen, Dr. Gunz un. A. bereits ihr Er­scheinen zugesagt haben sollen. Auch als Zuhörer werden sich viele der geachtesten Kunstnotabiiitäten einfinden und kann die Feier sich daher in jeder Beziehung zu einer überaus glänzenden gestalten.<<<


ZITAT: aus "Düsseldorfer Zeitung" vom 8.2.1866, von K. J. am 10.9.2025 als offener Online-Text fürs Internet erschlossen.

>>> Düsseldorf, 7. Februar. Die städtische Tonhalle ist gestern Abend in Gegenwart der Frau Fürstin zu Hohenzollern-­Sigmaringen eröffnet worden. Ueber 2000 Personen haben sich an dieser Eröffnungsfeier betheiligt und einstimmig ihre Bewunderung über den schmucken und frischen Styl, in wel­chem die Tonhalle erbaut ist, ausgesprochen. Die Beleuchtung, welche dem Lichte einer mittägigen Julisonne gleich war, wurde durch mehrere dicht an der Decke unter metallenen Reflektoren angebrachte Leuchtapparate hergestellt. Diese Apparate bestehen aus vier konzentrischen sich kegelförmig verengenden Reifen, in welchen sich zur Ausströmung des Gases zahlreiche Oeffnungen befinden. Im Munde des Volkes wird dieser Beleuchtungs-­Apparat seiner Form nach als „umgekehrte Krinoline" bezeich­net. Der Anblick ist übrigens ein prächtiger.
    Die musikalische Weihe gab der Tonhalle die Ouvertüre zu Oberon; dann trug Herr Concertmeister Auer ein Andante aus einem Spohrschen Violin-Concert vor, welchem die Frühlings-­Botschaft für Orchester und Chor von Niels-Gade folgte. Herr Othmer trug darauf eine Arie aus dem „Elias“ vor. Der Hoch­zeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum von Mendelssohn und der Hallelujah-Chor aus dem Messias bildeten den wür­digen Schluß einer würdigen Einweihungsfeier. Die mit Be­geisterung aufgenommenen musikalischen Produktionen hatten in allen Richtungen einen herrlichen Klang, so daß die Akustik der jungfräulichen Tonhalle nichts zu wünschen übrig läßt.
    Nach der Einweihungsfeier konzertirte das städtische Orchester, welches in der neuen prächtigen Residenz der Töne seinen Pro­duktionen einen begeisterten Charakter gab.     Als Merkwürdigkeit haben wir zu berichten, daß bei der Einweihungsfeier keine Reden geredet worden sind. Das will doch in dem Jahre 1866 viel heißen.<<<


Schon am 8.2.1866 und weiter vom 11. bis 13.2.1866 gab es volles Programm in der nun eingeweihten "Städtischen Tonhalle". Wir sehen gleich eine Anzeige aus der "Düsseldorfer Zeitung" vom 8.2.1866. Zuerst gibt es die "Redoute" am 8.2.1866 im Ritter- und Mittelsaale. (Wir merken: mehrere Säle existieren!) Der Maskenball vom 11.2.1866 oder vom 12.2.1866 oder vom 13.2.1866 findet "in allen Sälen" statt. Also vermutlich mindestens drei Säle existent. Explizit wird aber verwiesen: "unter Benutzung des neuen großen Saales", sodass wir vermuten; durch die Umbauarbeiten ab 1864 entstand ein (ganz) neuer Saal oder zumindest ein vollkommen erneuerter Saal. 
    K. J. hat diese Anzeige hier unten am 11.9.2025 erschlossen und als 800-Pixel-jpg-Bild in diese Homepage-Seite eingebaut.





Zurück zu 1852 und 1853 und noch davor, noch vor dem ganz großen Super-Umbau der Jahre 1864 bis 1866: Es geschahen jedenfalls solcherlei Musik-Ereignisse allesamt in einer (immer nachdenken: welcher?) Halle im Geisler'schen Garten in Düsseldorf. Der Garten hatte vorher andere Namen, weil andere Gastwirte (Jansen oder Becker) das Garten-Lokal besessen hatten. Aber unter Geisler im Jahr 1852 gab es einen Neubau der vorher schon dort stehenden Halle. Bzw. zusätzlich zu vorher dort schon stehenden Halle.
    Erschaffen extra für das Düsseldorfer Sing-Ereignis des Jahres 1852: das 4-tägige Gesangsfest im August. Man hatte so mehr Platz in der/einer (neuen) Halle.


ZITAT, nun allerdings zum 31. NIEDERRHEINISCHEN MUSIKFEST 1853, knapp 1 Jahr später, da war die Halle immer noch recht neu, wahrscheinlich erst etwa 10 Monate alt. >>>Das Fest fand in der neu erbauten Tonhalle im Geisler'schen Garten statt. Wenn dies Gebäude auch nicht eben besonders günstige akustische Verhält­nisse hat, so gewährt es gegen den frühern Saal doch den grossen Vortheil eines unbeschränkten Raumes, indem es bei bequemer Aufstellung einer Tonbühne für 6–700 Personen noch 1780 numerirte Sitzplätze für die Zuhörer fasst.<<< Das Zitat stammt aus dem Artikel (über 3 Ausgaben hinweg) in der "Rheinischen Musik-Zeitung" vom 21.5.1853, vom 28.5.1853, vom 4.6.1853. [[ Den kompletten Artikel mit den Teilen I., II. und III. können Sie weiter unten auf dieser Homepage-Seite als offenen Internet-Text lesen. Hier das Zitat stammt aus Teil I., Nro. 151. Cöln, den 21. Mai 1853. III. Jahrg. Nro. 47, fortlaufende Paginierung im Jahrgang, hier ist es konkret Seite 1202.]]


Ab 1852, spätestens fertig wohl Anfang August 1852, eben wegen des Gesangsfestes, gab es eine fertiggestellte neuere Geisler-sche Halle als diejenige, die man bislang bei GEISLER im Garten benutzte. Diese nun folgende Anzeige (von K. J. seitlich mit blauen Streifen markiert) zum Düsseldorfer "Großen Gesang-Fest" vom 1.8. bis 4.8.1852 fand K. J. in der "Düsseldorfer Zeitung" vom 31.7.1852 und hat sie hier auf 800 Pixel ganz leicht verkleinert und am 11.9.2025 auf dieser Hompage eingestellt. – Wir lesen z. B. "Großes Gesang-Fest" und "Gesang-Wettstreit, Compositionskampf, Concert und Künstler-Fest". Wo? "Tonhalle im Geisler'schen Garten", welche natürlich der NEUBAU von 1852 war. Ist doch logisch. Es kann nur die neuere sein.  – Es gab auch noch ein großes Vocal- und Instrumental-Concert am 3.8.1852, Schumann dirigierte. Zusätzlich dazu und zusätzlich zu den Wettstreiten gab es auch noch ein "Künstler-Fest", veranstaltet vom (heute noch existenten) Künstlerverein namens "Malkasten". Also 4 Tage, wo die NEUE GEISLER-SCHE HALLE total "bespielt" und genutzt wurde. Und es sollten ja etliche Personen anreisen, allein ... um an den Wettstreiten teilzunehmen.



-- QUELLE für diese ANZEIGE: Düsseldorfer Zeitung vom 31.7.1852. --


ES FOLGT EIN BERICHT BZW. EINE SEHR KRITISCHE BEWERTUNG ZUM GESANG(s)FEST in DÜSSELDORF in der Geislerschen (nagel)neuen Tonhalle = HALLE 2 in Geislers Garten, wo/was ja auch das bekannte Garten-Local des Herrn Geisler war.
 – Vom 1. bis 4. August 1852 war dieses Gesang
sfest. (Ohne s war aber damals die übliche Schreibweise. Wir würden es heute eher mit s schreiben, analog zu Arbeitsamt.)
    K. J. hat diesen Artikel samt Zeitungskopf als JPG-Bild am 12.9.2025 als offenen Internet-Text in diese Web-Seite hier hineingestellt.


zeitungskopf rheinische musikzeitung 14.8.1852


QUELLE: "Rheinische Musik-Zeitung für Kunstfreunde und Künstler"
-- herausgegeben von Professor L. Bischoff

­Nro. 111. Cöln, den 14. August 1852. III. Jahrg. Nro. 7.

Von dieser Zeitung erscheint jeden Samstag wenigstens ein ganzer Bogen. – Der Abonnements-Preis pro Jahr beträgt 4 Thlr. Durch die Post bezogen 4 Thlr. 10 Sgr. Eine einzelne Nummer 4 Sgr. – Insertions-Gebühren pro Petit-Zeile 2 Sgr. – Briefe und Packete werden unter der Adresse des Verlegers M. Schloss in Cöln erbeten.


HIER: Seiten 881 bis 884, übers Jahr wurde fortlaufend paginiert – Seite 881 = TITELSEITE dieser Ausgabe. Originaler


Originaler SPERRDRUCK wurde hier kursiv gesetzt. Dann lassen sich besser Worte suchen. ACHTUNG: Kursiv-ähnliche Auszeichnungen oder eine andere Schrift gab es vom Original her auch. Hier ist alles zu einem KURSIV zusammengefasst. Bei Bedarf müsste man immer nochmals ins Original schauen.


Das Gesangfest in Düsseldorf. Das Düsseldorfer Fest, dessen Programm den pomphaften Titel führte: „Grosses Gesangfest, Gesang-Wettstreit, Compositionskampf, Concert und grosses Künstlerfest“, und zu dessen Feier, wie einst zu den olympischen Spielen alle Hellenen, so die Deutschen „aus allen Gauen vom blauen (P) Rhein bis an das tiefe Meer und bis an die Alpenhäupter“, und die Brüder aus dem „Schwe­sterland am Meer mit seinen beiden Reichen“ laut dem Festliede berufen waren, ist an den ersten vier Tagen des Augustmondes gefeiert worden. Dass an dem grossen Kampfe sich von Deutschland haupt­sächlich nur der Gau (vulgo Regierungsbezirk) Düs­seldorf, von Holland und Belgien aber Niemand, be­theiligte, dass 10 Vereine aus Städtchen, 6 aus klei­nen Städten und nur 4 aus grössern Städten (Bonn „Concordia“, Köln „Bürger- und Handwerker-Verein“ und „Polyhymnia“, Elberfeld „Orpheus“) um die Preise sangen, daran waren auf keinen Fall Aufruf und Ankündigung Schuld. Eben so wenig konnten die Festrufer dafür, dass die neun (!) Richter im Gesangwettstreit, unter denen musikalische Grös­sen wie F. Hiller und Rob. Schumann glänzten, sich mit so viel Kleinem beschäftigen mussten. Ausser den genannten, von denen Hiller sogar von London bloss zu diesem Zweck herübergeschifft war, waren vom Norden C. A. Bertelsmann aus Am­sterdam, vom Osten G. Reichardt (der Componist des Arndt'schen Liedes) aus Berlin, vom Süden F. Messer aus Frankfurt a. M., Capellmeister Fi­scher und „Componist“ Beyer (quid Saul inter pro­phetas?) aus Mainz herbeigeladen, um die Herren Schumann, Tausch und Knappe in Düsseldorf mit ihrem kritischen Ohr zu unterstützen.
    Dagegen war eine grosse Schaar von Besu­chenden, und diese in der That aus allen Gegen­den von Deutschland, herbeigeströmt und dies gab neben dem äussern Glanz, welcher in Ausschmüc­kung des Festlokals, Erleuchtung, Feuerwerk u. s. w. wahrhaft imposant war, dem Ganzen einen hei­tern und festlichen Charakter, an dem man sich recht erfreuen und über die Geringfügigkeit der mu­sikalisch-künstlerischen Bedeutung des Festes trösten konnte. Freilich, wer an derselben Stelle so manche Jahre lang die niederrheinischen Musikfeste mitge­macht hatte, wer die Begeisterung gesehen, welche die herrlichen Aufführungen der grossen Meister­werke hervorriefen, wer es erlebt, wie die Musiker und Musikfreunde nach ihren Wohnorten zwar nicht mit Pokalen und Römern, aber mit gehobenem, frisch belebtem Sinn und Herzen für die göttliche Tonkunst zurück kehrten, wer den geistigen Aufschwung ge­theilt, der Alles emporzog in die wahren Regionen der Kunst, wenn Händels gewaltige Chöre die Ad­lerschwingen entfalteten, Beethoven's Sinfonien wie Gewitterstürme daherrauschten oder wie majestäti­sche Ströme dahin zogen, wer daran dachte, dass hier an derselben Stelle die Wiege der rheinischen Musikfeste stand, dass hier Mendelssohn sein grös­stes Werk dichtete, dass die Chöre des Paulus zuerst in jenem Saale da erklangen und von hier aus den Wiederhall durch Europa fanden – wer daran sich erinnerte, der wandelte kopfschüttelnd unter den Bäumen auf und ab, gar sonderbare Ge­fühle stiegen in ihm auf, wenn er nicht den zum Himmel sich aufschwingenden Klang jugendlicher Frauenstimmen, sondern nur ein monotones Geschwirr von tiefen Tönen vernahm, und Zeuge sein musste, wie nicht die Volksstimme des Publikums einem Händel, Beethoven, Mendelssohn zujauchzte, sondern neun Männer zu Gericht sassen über Kücken, Otto, Stöppler, Abt, Härtel, Neithardt, Häser und Herx! Bei so bewandten Umständen konnte selbst die frohe Nachricht, dass im Malkasten an dem einen Nach­mittage fünf Ohm baierischen Biers ausgetrunken worden, den Sinnenden nicht aus seinen melancho­lischen Erinnerungen reissen.
    Woher kam es denn nun aber, dass mit Ausnahme der Liedertafel Concordia von Bonn, (welche sich indess auch erst vier Wochen vor dem Feste auf besondere persönliche Einladung eines Mit­glieds des Düsseldorfer Comité's dazu entschloss) kei­ner der grössern mit Recht berühmten rhein. Gesang­vereine sich eingefunden hatte? Warum entsagten Gesellschaften, wie der Männer-Gesangverein von Köln, die Vereine von Aachen und Crefeld, die Lie­dertafeln von Elberfeld, Koblenz, Mainz, Frankfurt a. M. u. s. w. der Theilnahme?
    Antwort – weil sie aller derartigen Feste über­drüssig sind, weil sie namentlich die Wettstreite nicht bloss für sehr überflüssig, sondern für nach­theilig und störend und jedenfalls der Kunst, nament­lich in Deutschland, für unwürdig halten. Und darin geben wir ihnen vollkommen Recht. Wir haben nichts gegen den Männergesang an sich; aber er bleibe in seiner Sphäre. Auch wir halten ihn für ein treffliches Mittel, den Sinn für Musik im Wolke zu wecken, und weit entfernt, die Vereine aus den klei­nern Orten und Gemeinden, oder aus den mittlern und untern Ständen über die Schulter anzusehen, freuen wir uns immer, sobald wir von einer wach­senden Verbreitung derselben im Waterlande hören. Aber um die Fortschritte derselben im Gesang zu constatiren, besondere Feste zu veranstalten, de­nen man eine künstlerische Bedeutung beimessen will, vollends Preise auszusetzen und diese unter­geordnete Kunstgattung zu einer Wichtigkeit empor­zuschrauben, die sie nicht hat und nie haben wird, Wettstreite auszuschreiben, welche die Eintracht nicht etwa befördern, sondern stören und alles freu­dige Zusammenwirken hindern, welche die grossen Gesammtaufführungen, die allein noch einigen künst­lerischen Werth haben könnten, zur Nebensache und das Singen meist unmännlicher Texte und Me­lodien zur Hauptsache machen, wodurch der Ge­schmack des Volks verdorben und die Liebe zur Kunst in den Vereinen selbst ertödtet wird, weil diese der Preise halber sich auf eine gewisse Virtuosität des Vortrags legen, wobei ihnen der Compositionswerth der gewählten Stückchen ganz gleichgültig ist; endlich um solche Wettstreite zu schlichten, Männer zu bemühen, die für die Kunst ganz andere Aufgaben zu lösen haben, als zu be­stimmen, ob die Zwanzig von Stolpe oder die Zwölfe von Buxtehude pokalwürdiger gesungen haben – das ist jedenfalls trop de bruit pour une omelette und hat mit der Förderung der Kunst gar nichts zu schaffen, ja es ist der wahren Kunst geradezu ver­derblich. Selbst die beste Seite dieser Feste, die gesellige, wird durch die Wettstreite zu einer schlech­ten verkehrt. Statt der Eintracht, ersingt man Zwie­tracht, die nicht bloss das Fest stört, sondern sich oft noch Jahre hinaus durch alle Verhältnisse fort­spinnt. Uns fällt immer dabei die naive Bemerkung Bettinens an Göthe ein, welche sie über die Künst­lereifersucht der damaligen musikalischen Grössen in Berlin macht: „Sie fallen alle über einander her, Zelter über Reichard, dieser über Hummel, dieser über Righini und der wieder über den Zelter; es könnte ein Jeder sich selbst ausprügeln, so hätte er immer den Andern einen grös­sern Gefallen geth an, als wenn er ihn zum Concert eingeladen hätte“.
    Und was soll uns überhaupt in Deutschland die­ser französische Eitelkeitskram? Hören wir doch, was bei Gelegenheit des Gesangwettstreites in Lille eine Stimme aus Belgien, der ursprünglichen Hei­math jener Wettkämpfe, über das Düsseldorfer Fest im Voraus sagt: vielleicht wirkt ein vernünftiges Wort aus dem Auslande noch besser, als die War­nungen der Landsleute. Es heisst in einem Briefe aus Brüssel vom 1. Juli an den Herausgeber der Pariser Revue musicale *).
    „Ich muss damit anfangen, Ihnen für die Artigkeit zu danken, mit welcher Sie meine Landsleute in ihrem Bericht über das Sängerfest in Lille behandelt haben, wo sie allerdings sehr schmeichelhafte Er­folge errungen haben. Zwei belgische Städte, Gent und Lüttich, ja zwei ganze Provinzen sind in die grösste Aufregung gerathen. Der Begeisterungs­rausch der Bevölkerung von Gent bei der Rückkehr ihrer Société des Choeurs, welche einen ersten Preis gleich dem der Aachener Sänger erhalten, lässt sich nur mit dem wahnsinnigen Entzücken vergleichen, welches die Lütticher bei der Nachricht ergriff, dass ihr „Orpheus“ über die Mainzer Liedertafel gesiegt habe. Nach beiden Städten brachte der elektrische
                                *) Nr. 27 vom 4. Juli d. J.

Telegraph die Nachricht von dem National- oder richtiger Communalsieg: die Geschäfte stehen still, es ist von nichts die Rede, als von den Vorberei­tungen zum Empfange der Sänger. Die Behörden greifen ein, man veranstaltet Processionen, um de­nen entgegen zu ziehen, welche den Ruhm ihrer Stadt so glorreich behauptet haben, die Glocken läuten, die Kanonen donnern, Lebehochs steigen in die Luft – es fehlt nicht an Ehrenwein mit Accom­pagnement officieller Redensarten. Hätten sie Paris mit Sturm genommen, man könnte ihnen keinen glänzendern Triumph zuerkennen.
    Wahrlich, mein Verehrtester, Sie sind die Ehrlich­keit selbst, dass sie gestehen, dass die ausländischen Vereine den französischen überlegen sind! Ha, wä­ren Sie von Gent oder Lüttich [vielleicht auch von Aachen, Cöln, Bonn oder Düsseldorf und man hätte ihre Mitbürger nicht gekrönt, so würden Sie über die Jury herfallen, Sie würden sie parteiisch und ungerecht nennen, Sie würden rasen und toben und alle öffentlichen Blätter mit ihren Reclama­tionen füllen. Auf einem Schlachtfeld kann man besiegt werden, das gesteht man allenfalls ein: aber bei einem Gesangwettstreit? Nimmermehr! Das kann nie mit rechten Dingen zugegangen sein!
    Bei unsern Brüsseler Wettstreiten habe ich vor einigen Jahren gesehen, wie man einen deutschen Verein auf der Strasse auspfiff und verhöhnte, weil – er den ersten Preis über die belgischen Gesell­schaften davongetragen hatte. Ja, in Nationaleitel­keit und Concursangelegenheiten verstehen wir kei­nen Spass!
    Aus den deutschen Zeitungen ersehen wir, dass am 1. August in Düsseldorf ein Gesangwettstreit, wie sie in Belgien Sitte sind, stattfinden soll. Das wird vielleicht für die Rheinprovinz etwas Neues sein, aber wahrlich kein Fortschritt. Bei solchen Wettstreiten spielt die eigentliche Musik nur eine sehr unbedeutende Nebenrolle. Die Eigen­liebe des Einzelnen, die Collectiv-Eitelkeit, der Lo­kalstolz kommen dabei vor allem ins Spiel. Mit Bedauern würde ich es sehen, wenn diese hete­rogenen, schmarotzer pflanzenartigen, zer­stören den Elemente sich in die deutschen Musikfeste ein drängten, wo einst die reine Liebe zur Kunst alle in waltete. Fand Wett­eifer statt, suchte man die Nachbarstadt zu über­treffen, so geschah es nur um Meisterwerke der Tonkunst desto würdiger aufzuführen. Versammelte man ein Tausend Mitwirkende, so geschah es zu einer Gesammtleistung. Und jetzt will man sie abtheilungsweise zu dreissig oder vierzig hören lassen? Ist das ein Fortschritt? In Belgien haben die Ge­sangwettstreite das Gute gehabt, den Eifer der Sing­vereine zu reizen und die Entwickelung dieser Gat­tung von Musik zu fördern. Derselbe Zwek kann durch ähnliche Mittel auch in Frankreich erreicht werden. Aber Deutschland steht nicht auf solchem Standpunkte: der Chorgesang ist da eine alte, in vollem Gedeihen befindliche Einrichtung, die man nur sich selbst zu überlassen braucht!“
    So weit die Stimme des Ausländers, die des Be­herzigenswerthen gar vieles enthält, wie das Düs­seldorfer Fest von neuem bewiesen. Die einzelnen Gesänge waren meist langweilig, theils durch die Wahl mancher faden Compositionen, theils durch den mangelhaften Vortrag; nur die Hälfte der auf­tretenden Vereine konnte einigermaassen künstleri­schen Forderungen genügen, im Grunde aber nur die von Bonn und Neuss, obgleich die beiden Kölner Vereine schöne Kräfte hatten. Die Gesammtchöre in dem Concert am dritten Tag gingen nichts weniger als vorzüglich, an eigentliche Präcision war dabei nicht zu denken – sie wurden als Nebensache behandelt. Nur Fischer's „Meeresstille und glückliche Fahrt“, von dem Componisten selbst dirigirt, war eine ge­lungene Aufführung und die frische und leicht fass­liche Composition machte auch hier, wie schon bei so manchen Sängerfesten, ihre Wirkung und wurde da capo gerufen.
    Man schien im Festcomité gefühlt zu haben, dass der blosse Männergesang die Gäste nicht drei Tage lang fesseln würde, und so hatte man für den drit­ten Tag ein „grosses Vocal- und Instrumentalconcert mit allgemeinen Chören“ angesetzt und dazu die in Düsseldorf vorhandenen Künstlerkräfte in Anspruch genommen. So vortrefflich diese nun auch allerdings sind, denn es traten Frau Clara Schumann nebst ihrer Schwester Frl. Maria Wieck, jene mit Beethoven's Es dur-Concert, dem Saltarello von St. Heller, Notturno von Chopin und einem Lied ohne Worte von Mendelssohn, diese im Verein mit ihrer Schwester in den Variationen von J. Moscheles und F. Mendelssohn über ein Thema aus Weber's Pre­ziosa für 2 Flügel, – ferner Frl. S. Schloss mit der grossen Scene und Arie aus Spohr's Faust, Frl. Hartmann mit der Arie aus Fidelio auf – so war doch das Ganze durchaus nicht befriedigend und dem Standpunkte eines grossen Musikfestes nicht angemessen. Es trafen freilich mehrere Umstände zusammen, um den Erfolg zu vereiteln, sogar ein sehr starker Regenguss, der in das Publikum einige Unruhe brachte und durch das Geräusch der Tropfen, die auf die Bretter und die Glasdecke der Tonhalle fielen, ein sehr widriges Accompagnement bildete. Allein die Hauptschuld trug der Mangel an Akustik in der übrigens recht schönen und geschmackvoll verzierten, neu erbauten Halle, und zweitens die unverantwortlich schwache Besetzung des Orchesters. Dadurch ging die Wirkung der beiden Ouvertüren, von Beethoven in C. Op. 124. und von R.Schumann zu Shakespeare's Julius Cäsar, ganz verloren; in dem Beethoven'schen Es dur-Concerte blieben eine Menge Stellen undeutlich, weil man die Solostimmen im Orchester nicht hörte, ja es entstanden für die Zuhörer in der hintern Hälfte der Halle förmliche Pausen, weil man z. B. bei der Einleitung zum Wie­dereintritt der Accorde mit den Cadenzen in der Mitte des ersten Satzes von der Figur der Bratschen und zweiten Violinen geradezu gar nichts vernahm. So herrlich, so ächt künstlerisch und wahrhaft er­greifend auch Frau Schumann das gewaltige Werk Beethoven's in der Probe vortrug, so war es doch in der Aufführung, wo die Hälfte des Publikums mit grosser Anstrengung nur Fragmente desselben hörte, nicht möglich den Enthusiasmus zu erregen, welchen die grosse Künstlerin sonst unzweifelhaft hervorge­rufen haben würde. Auch die Wirkung der Arien litt, jedoch in geringerm Maasse, durch die ange­führten Uebelstände. Ueber die Schumann'sche Ouvertüre zu Julius Cäsar wollen wir bei so be­wandten Umständen nicht absprechen, da wir sie in der Probe nur stückweise, in der Aufführung sehr häufig nicht viel mehr von ihr als die Posaunen und Trompeten vernahmen: so viel indessen schien uns aus der Anhörung hervorzugehen, dass wenn Schu­mann in dieser Richtung noch einen Schritt weiter geht, in seinen Compositionen alsdann an die Stelle der Musik ein formloses Tongewühl tritt, welches weder Verstand noch Gefühl befriedigen kann.
    Ein Nachspiel, gleichsam ein Drama satyricum nach der Trilogie der Tragödie, veranlasste am 2. Tag der Aufruf der Gesellschaft „Malkasten“. Es galt, nach dem Schluss der Gesänge einen neuen Wettstreit zu beginnen um ein Gemälde, welches von „Preisrichtern, die nicht musikalisch wären“, demjenigen Verein zuerkannt werden sollte, welcher auswendig das beste komische Lied singen würde. Der Scherz wurde in der That ausgeführt, 4 oder 5 Vereine suchten sich durch allerlei Gesangfaxen zu überbieten, es wurde vortrefflich gemäckert, ge-yat [SIC! ge-yat !!! K. J.] u. s. w. – Das ganze war eine, wir wissen nicht ob bewusste oder unbewusste, jedenfalls aber köst­liche Ironie auf den hohen Ernst des vorhergegan­genen welthistorischen Kampfes.
    Ein recht gemüthliches Intermezzo führte auch noch Jupiter Pluvius am Dinstag herbei. Es wa­ren nämlich zu dem Concert an 5–600 Karten mehr ausgegeben, als die Halle Personen fasste, worüber wir gerade nicht so arg, wie das von Andern ge­schehen, mit dem Comité rechten wollen. Es gibt Leute genug, die gern ihr Eintrittsgeld zahlen, um nur in dem schönen Garten zu sitzen und sich, wie sie sagen, den Trödel mit anzusehen: warum soll das Comité ihnen dies Vergnügen versagen? Wer da weiss, was solche Feste für Geld kosten – (und Düsseldorf hat wahrhaftig keine Kosten gescheut, um seine Gäste zu befriedigen), der wird es mit dergleichen Dingen nicht so streng nehmen – voraus­gesetzt dass die Sache nicht übertrieben und dadurch rein zur Speculation wird. Diese Gartengäste nun flüchteten, da der Boden binnen fünf Minuten durch den wolkenbruchartigen Guss überschwemmt wurde, in den Saal von Stein, der glücklicher Weise neben der Halle von Holz noch zur Verfügung stand. Ti­sche, Stühle, Bänke wurden herbeigeschafft und man improvisirte einen Salon, der von zahlreicher Gesell­schaft von Damen und Herren besucht war und in den dann und wann ein Tutti aus der Tonhalle schwach herüber tönte. Nicht lange und es erschien ein Musikcorps mit Blech und begann nach Her­zenslust Polka's und Schottisch u. s. w. zu blasen. Einige Augenblicke später stellte sich auch die Gesang­lust ein, man stimmte Lieder an, unter andern „das deutsche Vaterland“, welches der Componist, der auch nicht in die Tonhalle hatte eindringen können, nolens volens dirigiren musste, und erlustigte sich auf eigne Hand, während drüben im Brettersaal der ernsten Muse der Tonkunst gehuldigt wurde. Ob das Comité oder der Wirth die Aufmerksamkeit ge­habt hatte, die Blechmusik zu besorgen, weiss ich nicht: aber umsonst hat die Gesellschaft sie gehabt. Was will man mehr?
    Dem „Künstlerfest“, (unter „Künstler“ ver­steht man nämlich in Düsseldorf bloss die Maler) das für den dritten Tag von der Gesellschaft Mal­kasten angekündigt war, konnten wir wegen Mangel an Zeit nicht beiwohnen. Leider hat es zu verdriess­lichen Auftritten und noch verdriesslichern Erörte­rungen derselben Veranlassung gegeben. Wir haben über die Sache selbst kein Urtheil, da wir nicht mehr zugegen waren; auch geht sie eine musika­lische Zeitschrift nichts an. Allein als Vertreter der Sänger, namentlich der auswärtigen, müssen wir doch in Bezug auf die Erklärung des Vorstandes des Malkastens in Nro. 196 der Kölnischen Zeitung, wonach „1700 Sängerkarten gegen Einlasskar­ten zum Künstlerfest ausgetauscht worden sind“, bemerken, dass nach der gedruckten Liste Theil nahmen: 1) Concurrirende Sänger 638. 2) Deputirte von verschiedenen Vereinen 361. Summa der frem­den Sänger 999. Dazu 3) Düsseldorfer Sänger 410. Summa der Sänger im Ganzen 1409. Gesetzt, diese im Textbuch verzeichneten Sänger wären alle zu­gegen gewesen, was nicht der Fall war; gesetzt ferner, sie wären alle zum vierten Tag anwesend geblieben, was notorisch noch weniger stattfand, so hätten doch immer in ihren Händen nur 1409 Karten sein können. Die 300 mehr müssen also nothwendig entweder aus ungesetzlicher Verausga­bung an Nicht sänger von Seiten des Comité's, oder aus einer Nachdrucksfabrik herrühren, deren Betrieb kein Vernünftiger den fremden Sängern in die Schuh schieben wird. Diese Bemerkung hier aufzunehmen, waren wir den Festtheilnehmern, die uns darum er­suchten, schuldig, um sie gründlich gegen den in der gedachten Erklärung sehr allgemein ausgesproche­nen Vorwurf des „Unterschleifs, der mit diesen Kar­ten getrieben worden“, zu vertheidigen.
    ::: ENDE ARTIKEL aus der RHEINISCHEN MUSIK-ZEITUNG 14.8.1852. :::



Und später dann, ab 1864, auch das ist wichtig, wurde diese einst einmal "Neue Geisler-sche Halle" (ja, der neue Bau von 1852) als "Städtische Tonhalle", Besitzerwechsel also, die Stadt!, Umbaurenovierung bis 1866, neu geboren und vorher schon so annonciert – die Konzerte nämlich, man sehe z. B. am 1.1.1864 in der "Düsseldorfer Zeitung" eine Anzeige für ein Konzert in der "Städtischen Tonhalle". Das "Städtisch" darf also nicht übersehen werden! "Tonhalle" allein wäre nach der Übernahme durch die Stadt (offiziell im Herbst 1863) zu wenig.


Der GEISLER-SCHE NEUBAU von 1852 wurde 1864 bis 1866 vom NEUEN BESITZER STADT DÜSSELDORF erneuert: Also einstmals Neues, 1852, wurde ab 1864 nochmals neu gemacht, umgebaut, irgendwie letztlich ja auch (etwas daran) neugebaut. STEIN ersetzte das HOLZ. Und die STADT DÜSSELDORF war (bereits seit 1863) offiziell der Betreiber der Tonhalle. Nicht mehr der Gastronom Geisler. Deshalb auch "Städtische Tonhalle".


Wir resümieren: Es gab 1852 bereits zwei Hallen (eine alte wohl steinerne und kleinere, eine neue aus Holz erbaute und größere) im Geisler'schen Garten, man müsste von beiden Hallen bzw. vom KOMBI-zwei-Hallen-Bau-Komplex eine Abbildung finden. Das wäre gut.


Die NEUE HALLE bei GEISLER im Garten des Garten-Locals wurde 1852 gebaut. (Oder wurden eine ALTE HALLE und eine NEUE ANBAUHALLE zu EINER gesamtneuen HALLE fusioniert?) – Denn:
    Baue an eine alte Halle an und erzeuge/erschaffe so eine NEUE Groß-Halle! Lief es so ab? 1852?


OFFENBAR UNGEFÄHR SO JA! – Es gab 1852 zumindest einen Anbau der neueren Halle an die bereits existente Halle. Optisch am Ende vielleicht ein Baukomplex, aber dennoch zwei HALLEN zugleich, zwei Säle. So wird man es sich wohl vorstellen müssen, bis man ein (Ab)Bild findet. Eine Zeichnung. Oder sogar ein feines farbiges Gemälde von der NEUHALLENKOMBI aus der Düsseldorfer Schule.


Es blieben irgendwie zwei Hallen parallel existent.
Beide waren aneinandergebaut, zugleich aber dabei immer noch zwei eigenständige Hallen. Die eine war die ALTE, aus STEIN. Die andere war die größere NEUE, aus Holz. – So folgert derzeit K. J. anhand der Infos, die es gibt. (Dazu auch weiter unten noch mehr Angaben.)



Man kennt eine Abbildung des (ersten? zweiten? JA, offensichtlich des zweiten! Des neuen!) Geisler-schen Saales von 1852, allerdings ohne, dass Quelle und Künstler des Stiches genannt werden.
    Und zwar geht es um diese Zeichnung hier. VERMUTLICH ist es die NEUERE GEISLER'SCHE HALLE. Diejenige, die 1852 erst erbaut wurde, aus Holz, und zwar angebaut wurde .... an die ALTE GEISLER'SCHE HALLE aus Stein.




In diesem Saal, aus Holz erbaut, von 1852 ff. könnte (( folgt man den Angaben aus dem Artikel von Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Siehe weiter oben. )) ... und SOLLTE, so denkt K. J., logischerweise auch das 31. Niederrheinische Musikfest von 1853 stattgefunden haben. Denn wenn man 1852 neu baute, wird man nicht 1853 nochmals neu gebaut haben, vermutet K. J.


Jedenfalls wurde ja laut Bernhard R. Appel eine weitere, neuere HALLE alias TONHALLE, und zwar 1852 ... neben die bereits stehende gebaut.
    Es müssten also zwei Hallen nebeneinander bzw. aneinander gestanden haben. Dort im Ausflugslokal Geisler.
    ZWEI HALLEN = ALTE HALLE (Stein) und NEUE GROSSE HALLE (Holz).
    Aber welche Abbildung zeigt welche Halle? ODER GAB ES OPTISCH EINE NEUE FUSIONSHALLE aus Alt und Neu? Eine Kombi-Halle vielleicht?
    Oder doch zwei einzeln noch als solche erkennbare Hallen, die lediglich aneinandergebaut waren?
    Letzteres scheint der Fall: 1852 wurde eine neue Halle aus Holz an eine schon vorhandene angebaut. Aber wie sah das Resultat von außen aus?


Man dürfte dann für das 31. Niederrheinische Musikfest 1853 (Düsseldorf, über Pfingsten) wieder diese neuere GEISLER'SCHE = "HALLE ZWEI" von 1852 (?) genommen haben, so wäre ganz sicher anzunehmen. Wegen der Größe. (Aber: Die Akustik in der NEUEN HOLZ-HALLE war offenbar gar nicht so gut.)

    K. J. hat diese obige Abbildung zur GEISLER'SCHEN HALLE EINS oder ZWEI (welche ist es? OFFENSICHTLICH DIE NEUERE HALLE ZWEI! AUS HOLZ.) auch tatsächlich gefunden: Leider wurde bei Wikipedia bzw. Wikimedia Commons keine "echte" Quelle zum Bildnis (Zeichnung, Stahlstich) angegeben. Sehr, sehr vermutlich handelt es sich aber genau um HALLE ZWEI, die NEUE(RE), ja ... die von 1852. Die Unterzeile Text als Teil der Zeichnung deutet darauf hin. 3. August (1852). Preise werden überreicht. Gesang(s)fest 1852, Düsseldorf.
    Der bei Wikimedia Commons Hochladende hat das Bild seinerseits aber hier entdeckt:
    https://josephjoachim.com/2019/06/01/the-31st-lower-rhine-music-festival/.
    Aber auch da, bei der josephjoachim-Webseite steht kein Wort, wer das Bild / die Urzeichnung und danach den Stahlstich erstellt hat. Es gibt auch keine Fundquelle.
    WIKIMEDIA COMMONS und josephjoachim.com bringen uns leider zur Fundquelle für das Bild/Zeichnung der NEUEN HALLE nicht weiter. Aber Bernhard R. Appel brachte uns weiter. In seinem Artikel für die NEUE CHORSZENE, Januar 2012.


::: Die bedeutende Bild-Quelle zu der bekannten HALLEN-ZEICHNUNG Geisler-sche Tonhalle (Neubau 1852) ist eindeutig klar: Dank an Herrn Bernhard R. Appel. :::

    K. J. hat das Hallen-Bild von Wikimedia Commons hier (einige Zeilen weiter) oben am 28.8.2025 auf 800 Pixel Breite verkleinert. Und hat dank des Artikels von Bernhard R. Appel dieses Bild aber endlich genau in der Ur-Abdruck-Quelle, LEIPZIGER ILLUSTRIRTE ZEITUNG (neben dem Programmheft von 1852, aber das wurde ja in Düsseldorf vermutlich vor Ort verkauft oder ausgeteilt) vorgefunden.




Hier sehen wir die Ur-Ansicht aus der Illustrirten Zeitung, von K. J. auf 600 Pixel Bild verkleinert und aufgehellt. Wir sehen: Das Bild von WIKIMEDIA COMMONS (weiter oben) und das BILD hier, es ist dasselbe Bild, aber in jeweils etwas anderer Variante. (K. J. hat das untere Bild zudem aufgehellt!)
    Wir dürfen auch annehmen: Die LEIPZIGER ILLUSTIRTE ZEITUNG druckte die Zeichnung zur NEUEN HALLE 1852 erstmals für eine deutsche Öffentlichkeit ab. (Und, immer wichtig, es gab auch noch das Programmheft in Düsseldorf 1852 vor Ort mit eben dieser Zeichnung.)
    Diese Ilustrierte aus Leipzig sollte fortan an immer als DIE deutschlandweite QUELLE für die Zeichnung von HALLE ZWEI (NEUBAU) 1852 im Geisler-schen Garten (= GEISLER-SCHE HALLE NEU) genannt werden. (Das Programmheft jener Augusttage dürfte hingegen nicht wie jene Illustrierte an deutschlandweite Abonennten verschickt worden sein.)


Diese (vermutliche) Ur-Quelle für den allersten öffentlichen Abdruck der Zeichnung in einer Zeitschrift (abgesehen vom Programmheft des Gesangsfestes 1852, als Innentitel) zur GEISLER-HALLE NEU von 1852 nämlich ist, ausführlich, so:
    Seite 125 in der (Leipziger) "Illustrirten Zeitung" vom 21.8.1852, Nr. 477, XIX. Band, NEUE FOLGE, VII. BAND – Der Artikel in der "Illustrirten Zeitung" geht über 3 Seiten (125 bis 127) und Seite 125 hat sogar insgesamt zwei (!!!) Abbildungen. Beide Abbildungen des Artikels stehen auf jener Seite 125.
    In der Unterzeile der größeren Abbildung (siehe erneut oben das Bild, die Bilder) steht klein: "Die Vertheilung der Preise beim Gesangsfeste in Düsseldorf am 3. August." Die Jahreszahl 1852 wurde bei Wikimedia Commons handschriftlich von einer Person auf die Zeichnung hinzugefügt. Aber in der Urquelle "Illustrirte Zeitung" fehlt diese handschriftliche Zufügung natürlich. Durch den Zusammenhang wird allerdings die Jahreszahl 1852 eindeutig. Das Gesangsfest, weshalb man den Neubau errichtete, war im August 1852, 1.8.1852 bis 4.8.1852.
    Leider findet man keinen Namen, wer da die NEUE GEISLER-SCHE HALLE 1852 gezeichnet haben könnte oder wer den Stahlstich dazu verantwortete. In der ganzen Ausgabe der "Illustrirten Zeitung" nicht.
    Das Gesangsfest 1852 fand, so liest man, parallel zur Provinzial-Gewerbe-Ausstellung für Rheinland und Westphalen statt.
        SIEHE auch commons.wikimedia.org/wiki/File:The_31st_Lower_Rhine_Music_Festival-1852.png
        DAS BILD bei Wiki Commons IST GEMEINFREI.

HINWEIS K. J.: In dem Halbjahressammelband der Illustrirten Zeitung, 1852, 2. Halbjahr, Juli bis Dezember, gibt es am Ende neben dem Inhaltsverzeichnis auch ein Illustrationsverzeichnis. In diesem wird (ja!) ein Bild / eine Illustration zu der Düsseldorfer Sängerhalle erfasst. Es steht jedoch leider nicht da, wer das große Bildnis (auf Seite 125 unten) schuf, welcher Künstler.


IN DEM BESAGTEN ARTIKEL Seite 125/126/127, auf 127 ist es dann nur noch die linke Spalte von vieren, in der (Leipziger) "Illustrirten Zeitung" vom 21.8.1852, Nr. 477, "Das Gesang- und Künstlerfest zu Düsseldorf am 1. bis 4. Aug. 1852." steht u. a. folgendes:

    "[...] Nach vielen Berathungen faßte man endlich den Entschluß, in den schönen Promenaden des genannten Locals einen eignen, hinlänglich geräumigen Festsaal zu bauen. Dem gefassten Beschlusse folgte rasch die Ausführung, da der Besitzer des Locals, Herr Geisler, mit der anerkennungswürdigsten Bereitwilligkeit den Wünschen des Festcomités entgegenkam. Und so erhob sich denn bald die prächtige Tonhalle, die dem Feste einen in jeder Beziehung würdigen Anhalts und Bereinigungspunkt bot. Dieselbe stand, wie schon bemerkt, inmitten der schönsten Gartenanlagen, umfaßte drei große Schiffe und war 180 Fuß lang, 76 Fuß breit und 40 Fuß hoch. [...]"

    Der gesamte Artikel trägt keinen Verfassernamen. Am Ende gibt es eine Kenn-Nummer für den Artikel = 7012. – Anbei sieht man die besagte Seite 125 mit den zwei Illustrationen stark verkleinert. K. J. hat dieses Mini-Abbild der Seite am 29.8.2025 erschaffen und hier in die Homepage-Seite eingebaut. – Einen "eignen" Festssaal zu bauen, das könnte meinen: Fürs Singen haben wir schon einen Saal, aber fürs richtige Singen, für eine mehrtägige Gesangsveranstaltung ... mit vielen Besuchern, haben wir noch keinen Saal. (Das ist eine K.-J.-DENKTHESE, weshalb es zwei Säle auf einem Grundstück gewesen sein könnten ... und ja auch waren. Offenbar: ein BAU ALT aus STEIN und ein ANBAU NEU = 2 HALLEN aneinander. Und die NEUE HALLE aus HOLZ wird größer gewesen sein. Mehr Publikum passte hinein.)



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K. J. hat nun auch die kleinere, zweite Abbildung, die obere kleinere Abbildung, aus der "Illustrirten Zeitung" als JPG-Bild erschlossen. Diese Abbildung ist ebenfalls auf jener Seite 125 (hier direkt oben auf dieser Webpage ist die ganze Seite ja als Mini-Abbild zu sehen) in der (Leipziger) "Illustrirten Zeitung" vom 21.8.1852, Nr. 477, XIX. Band, NEUE FOLGE, VII. BAND. ... Zuerst der Kopf der Ausgabe vom 21.8.1852:


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Hier sind alle drei Seiten des Artikels zum Sängerfest Düsseldorf 1852 in KLEIN-Ansicht. 21.8.1852, LEIPZIGER Illustrirte Zeitung. K. J. hat diese 3- Seiten-Ansicht am 30.8.2025 auf diese Web-Page hier gesetzt.

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Und jetzt folgt, nochmals weiter unten, das fürs Internet nun hier auch noch erschlossene ... ganz neu erschlossene, kleinere Bild, eine Außenansicht der Musikhalle im Geisler'schen Garten. Hier aber sieht die HALLE sehr gedrückt aus, klein, gar nicht hoch und weit. Sollte das noch die ALTE HALLE EINS (die alte) im Geisler'schen Garten gewesen sein? Oder doch bereits die HALLE ZWEI NEU (die neue) ab 1852? Beziehungsweise der ADDITIONSBAU HALLE ALT plus HALLE NEU? – Die Dinge scheinen noch nicht ganz bzw. zu 100 % klar. Man bräuchte weitere Abbildungen zu der HALLE / den HALLEN: ALTE HALLE, NEUE HALLE = KOMBIBAU, alles im Geislerschen Garten. – K. J. hat jedenfalls das andere (noch nicht so bekannte kleinere) Hallen-Ab-Bild am 28.8.2025 "ausgeschnitten" und auf 800 Pixel verkleinert. Quelle: Seite 125 in der (Leipziger) "Illustrirten Zeitung" vom 21.8.1852, Nr. 477, XIX. Band, NEUE FOLGE, VII. BAND – Der komplette Artikel zum Gesangsfest 1852 geht über 3 Seiten (125 bis 127) und hat insgesamt zwei Abbildungen. – Dieses Bild hier unten ist natürlich ebenso gemeinfrei. Außerdem ist auch der Zeitungskopf weiter oben gemeinfrei.




UNTERZEILE auf dem BILDNIS hier oben = >>>Die Sängerhalle in Düsseldorf.<<< Das Bild (Zeichnung) ist ebenfalls zu finden auf Seite 125 in der (Leipziger) "Illustrirten Zeitung" vom 21.8.1852, Nr. 477

– K. J. findet: Wirkt sehr klein. Nicht hoch. Gedrungen. Oder sollte es nur ein Vorgebäude sein? Und hinten bei den Bäumen geht es etliche Meter nach oben? Man sieht nur nichts davon!?!? –

Unten links in der Zeichnung kann man sogar etwas wie "G. Jabin" erkennen. Es dürfte sich dabei um Georg Jabin (* 18. August 1828 in Braunschweig, + 14. Januar 1864 in Harzburg) handeln, er war ein deutscher Landschaftsmaler und ist bei Wikipedia in der "Liste von Malern der Düsseldorfer Malerschule" erfasst, bemerkte K. J. am 29.8.2025. UND ja: Jabin war 1850–1855 Student bei Johann Wilhelm Schirmer an der Kunstakademie. Er (Jabin) war der Zeichner dieses obigen Bildes, das scheint ziemlich sicher.


Wo also wäre noch eine doppelt und dreifach gesicherte Abbildung von der GEISLER'SCHEN NEUEN HALLE = HALLE ZWEI zu finden, die erst 1852 gebaut bzw. erstellt wurde? (Außenansicht!) Extra neu erschaffen 1852 bereits schon für das Sängerfest des Jahres 1852 ab 1. August. Das fragt K. J. [[ Wie gerne würde man ALTE HALLE EINS und NEUE HALLE = ZWEI nebeneinander auf einem Bildnis sehen! Beide zusammen im Garten von Geislers Ausflugs-Lokal. ODER WAR ES OPTISCH EINE KOMBIHALLE ... die sofort zwei BAUTEN (einen alten, einen neuen) zu EINEM NEUEN BAU optisch vereinte? Oder müssen wir eher so denken: ANBAU plus ANBAU, aber optisch dennoch deutlich als zwei Gebäudeteile zu erkennen? ]]


ZITAT zum NEUBAU 1852: >>>Hofkonditor Geisler hat sich demnach bereiterklärt, „das neue Lokal  unmittelbar an den jetzigen großen Saal anzubauen, so zwar, daß die rechte Wand in gerader Linie an die des alten Saales anschließt, die linke dagegen soviel, als der neue Saal breiter wird, in den Garten vorspringt.<<< Düsseldorfer Journal am 30. April 1852. Das ZITAT fand sich bei Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e. V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf, 16. Jahrgang, Ausgabe 1 (Januar 2012), S. 38.


Die neue (TON)HALLE ab 1852, der NEUE GEISLER'SCHE SAAL des Jahres 1852 ... war also zugleich ein ANBAU oder ZUSATZBAU an die breits existierende Halle. – Ja, es gab demnach dann zwei HALLEN nebeneinander, die beide auch genutzt wurden.
Man lese dazu auch dieses ZITAT: >>>Für die Abonnementskonzerte, die Robert Schumann von 1850 bis 1853 leitete, wurde jedoch nach dem Neubau der Tonhalle weiterhin der kleinere Geislersche Saal genutzt, über dessen Akustik sich die Hamburgerin Louise Japha, Bekannte von Johannes Brahms und Klavierschülerin von Clara Schumann, in einem Brief an Julius Schaeffer vom 20. November 1852 positiv äußert: „Der Concertsaal ist sehr schön und größer als unser Hamburger Apollosaal; es klingt darin gut, besonders wenn der Saal recht gefüllt ist, was bisher bei jeder Aufführung der Fall war“.<<<
Das ZITAT fand sich ebenfalls bei Bernhard R. Appel: Geislers Saal und die Tonhalle. In: Neue Chorszene. Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e. V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf. 16. Jahrgang, Ausgabe 1 (Januar 2012), aber S. 40.

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Autor Bernhard R. Appel (Großen Dank für seine Recherchen!) nannte jedoch endlich die exakte Bild-Quelle ((wurde weiter oben schon angesprochen)) für die (neue) Geisler'sche Halle des Jahres 1852: Denn Fußnote 13 und 14 bei ihm, bei Appel, sagen Folgendes: "13 Eine Außenansicht der Sängerhalle findet sich auf dem Innentitel des Programmheftes Grosses Gesangfest. Gesangwettstreit, Compositionskampf, Concert und Grosses Künstlerfest der Gesellschaft Malkasten am 1., 2. 3. und 4. August 1852. Programm und Festordnung [...], Düsseldorf [1852]. Diese Darstellung findet sich auch in der Berichterstattung Das Gesang= und Künstlerfest zu Düsseldorf am 1. bis 4. August 1852 in der Jllustrirten Zeitung, Nr. 477, S. 125. UND
14 Beschreibung und Abbildung dieser 1847 gebauten Sängerhalle vgl. K. F. E. Langenhoff, C. Seebach, De Muzen omsingeld. Musis sacrum 1847-1983, Arnhem 1983, S. 7ff. [[ach so: ARNHEIM war ein Vorbild für die Architektur der (NEUEN) GEISLER'SCHEN HALLE ZWEI von 1852]] – Appel hat zur NEUEN HALLE ZWEI weiter herausgefunden: >>>Die Maße des mit dem Namen Tonhalle belegten neuen Gebäudes veröffentlicht das Düsseldorfer Journal am 30. April 1852: Hofkonditor Geisler hat sich demnach bereiterklärt, „das neue Lokal unmittelbar an den jetzigen großen Saal anzubauen, so zwar, daß die rechte Wand in gerader Linie an die des alten Saales anschließt, die linke dagegen soviel, als der neue Saal breiter wird, in den Garten vorspringt. Das Mittelschiff der neuen Sängerhalle wird 40 Fuß breit [ca. 12,5 m], die Seitenschiffe 20 Fuß breit [ca. 6,3 m] und die Länge des Ganzen soll sich soweit ausdehnen, daß für etwa 5000 Personen Raum im Innern ist“.<<< 5000 Personen !!! Wow !!! Sagt K. J.

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ES FOLGEN WEITERE ZEITUNGSQUELLEN zum 31. NIEDERRHEINISCHEN MUSIKFEST, dieses Mal in DÜSSELDORF, welches zugleich das 10. Niederrheinische Musikfest allein nur für solche Feste im Ort DÜSSELDORF war. 1818 war das offiziell erste, das hatte auch schon in Düsseldorf stattgefunden. Das zweite hatte allerdings dann 1819 in Elberfeld stattgefunden. Die Veranstaltungsorte änderten sich also.


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Düsseldorfer Journal und Kreisblatt 15, 11.5.1853, MITTWOCH, Nr. 112

Düsseldorf : Stahl = Stahl'sche Buchhandlung als Drucker(ei) und Verleger. Adresse Carlsplatz Düsseldorf.
W. Kaulen als Schriftführer.


Düsseldorf.


Welche
Würdigung unser großes Musikfest auch
im Auslande findet, zeigt folgende Stelle derInde­pendance Belge":Das große Rheinische Musikfest wird in diesem Jahre(am Pfingstsonntag und den beiden folgenden Tagen) in Düsseldorf gefeiert werden. Die Vorbereitungen versprechen Großartiges. Der Chor wird aus wenigstens 400 Personen bestehen, das Orchester aus 60 ersten und 24 zweiten Violinen, 24 Baßgeigen und den übrigen Instrumenten in dem­selben Verhältnisse. Die beiden kommandirenden Ge­nerale dieser musikalischen Armee sind Ferdinand Hiller, der berühmte Direktor des Cölner Conser­vatoires, der eigends von Paris, wo er sich augen­blicklich aufhält, berufen wurde und Robert Schu­mann, der Musikdirektor von Düsseldorf. Unter den Solisten, die wie feurige Haubitzen in diesem Durch­einander glänzen, steht in der ersten Reihe, die stolze Insulanerin Clara Novello, mit der schönsten Stimme des Continents und der brillantesten Schule der Welt. Es werden nur Meisterwerke aufgeführt am ersten Tage derMessias" von Händel, am zweiten die 9. Symphonie von Beethoven mit Chören und Soli's, der dritte Tag bringt eine Auswahl von neuen und alten Tonwerken. Außer jenen Werken derUnsterb­lichen" werden auch Werke jetzt lebender Componisten zur Aufführung gebracht: eine Symphonie von Schu­mann und ein großer Psalm für Chor und großes Orchester von Ferdinand Hiller. Man sieht, daß es an musikalischen Hochgenüssen nicht fehlt, aber das ist noch nicht Alles. Düsseldorf bereitet auch andere Fest­lichkeiten vor, wozu die so reizende Lage dieser Stadt an den Ufern des Rheines den geeignetsten Schauplatz bietet. Der riesige, in Mitten eines lachenden Gartens gelegene Concertsaal, wird sich auch vielen andern Vergnügungen öffnen. Man darf nicht vergessen, daß Düsseldorf durch eine Malerschule berühmt ist, die ge­priesen oder getadelt immerhin eine bedeutende Rolle in der Geschichte der modernen Kunst spielt. Wir werden also dort auch eine Gemälde-Ausstellung finden. Rechnen wir hierzu die weniger bedeutenden Genüsse, als die Promenaden am Rhein, den guten Wein (der für die schlechten Betten entschädigen muß) und die freundliche und lobende Gastlichkeit des Landes gegen Fremde, so wird ein zahlreicher Besuch von allen Seiten der Stadt nicht fehlen."


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Düsseldorfer Zeitung (Mittwoch, 18.5.1853) Ausgabe Nr. 128, SEITE 1 und SEITE 2

-- jeweils unter dem Feuilleton-Strich --

Einunddreißigstes Niederrheinisches Musikfest zu Düsseldorf.

Unsere Stadt hat von jeher einen tiefen Sinn für alles Schöne gehabt, und die Vereinigung von mancherlei günstigen Umständen hat dieselbe zum Centrum eines großen Kreises ge­macht, in dem sich die rheinischen Musen bewegen. Wie viel schöne und großartige Kunstgedanken gingen von diesem bewe­genden Centrum aus und wirkten weithin über die Peripherie! Obschon Düsseldorf zu Kunstzwecken nicht über große Mittel gebieten kann, ja ohne alle, oder doch im Besitze kaum nennens­werther Fonds für diese Branche ist, so ist es doch immer an­dern Städten vorausgeschritten, indem es aus sich selber heraus jedesmal die Mittel schaffte, die ihm momentan Noth thaten. Dabei muß man es rühmlich anerkennen, daß sowohl die Leiter der Kunst-Institute, als auch die Bürgerschaft immer bereit waren, erhebliche Opfer an Geld und Zeit zu bringen. Nach dem Vorhergegangenen überrascht es demnach nicht mehr, daß gerade in Düsseldorf, einer verhältnißmäßig kleinen Stadt, vor 35 Jahren (1818) das erste Musikfest stattfand. Damals er­wachte der Sinn für klassische Musik gleichsam jählings und die Städte Düsseldorf, Köln, Elberfeld und Aachen, in deren Kreis das Fest abwechselnd gefeiert wurde, wetteiferten um die Krone der Leistungen.

Die den Künsten nicht holden Bewegungen der Neuzeit wirkten nicht wohlthätig auf die Abhaltung der Pfingstfeste ein; die Gemüther, innerlich zerrissen, die Nation außer Harmonie mit ihrer gewohnten Empfindungs- und Denkweise, die Luft gleichsam schwül von Prinzipien und neuen Doctrinen— fehl­ten den Musen die Postamente, von wo herab sie sich dem Volk hätten zeigen können, und so gab es eine Zeit, wo die Lebens­dauer der Pfingstfeste in Frage stand, und man konnte nicht selten die Bemerkung hören, sie hätten sich überlebt und paßten nicht mehr in unsere Zeit. Der Ansicht sind wir nun durch­aus nicht: Feste, welche die großartigsten Meisterwerke der Ton­kunst zur Anschauung bringen, überleben sich nie, wenigstens so lange nicht, als die Gefühls-, Denk- und Handlungs-Weise der Nation nicht eine gänzlich veränderte wird; und dazu reicht ein Zeitraum von 35 Jahren gewiß nicht hin. Ein Anderes ist es, ob nicht Mängel vorhanden sind, deren Beseitigung das Fest populärer machen könnten. Da scheint es uns allerdings, als ob einige Reformen wohl ins Auge zu fassen wären. Zunächst verweisen wir auf den Urgedanken bei der Gründung hin, dem es wohl ferne lag, die renommirtesten Solisten der Welt her­anzuziehen, um staunenerregende Leistungen vorführen zu kön­nen; man wollte sich wohl auf die Kräfte der Provinz be­schränken und kam erst nach und nach, von dem Beispiele vor­wärts gespornt, auf das Bedürfniß, wie es heute besteht. Wir wollen das nicht um der Sache selbst willen tadeln, denn wem wäre es nicht ein Genuß, einen großen Künstler, einen großen Componisten nachempfinden zu hören; aber die Honorare muß­ten nothwendig die Preise so steigern, daß das Fest einen exclu­siven Charakter annahm und nur den Wohlhabendsten zugäng­lich wurde. Damit aber fällt der erziehliche Factor weg, den es im höchsten Grade besitzt, und dessen Verlust für das Volk zu beklagen ist. Die Erhebung und der Aufschwung in eines Jeden Brust, dem es gestattet ist, in die Tonhallen zu treten, wie würde sie wirken, wenn sie, wie ein großer befruchtender Strom, in die Herzen der ganzen Nation geleitet würden. Daß es an dem Gefühle und dem Geschmacke für diese Meisterwerke nicht fehlt, konnte man bei der gestrigen Aufführung gewahren, wo die Tonhalle rings umstanden und umlauscht wurde, und man den Gesichtern neben der innern Entzückung die Freude ansehen konnte, daß die Bretterwände den Ton weniger neidisch zurückhalten, als dicke Steinmauern.

Doch gehen wir nun zu der Aufführung selbst über. Vorab aber die Bemerkung, daß wir hier nur referirend zu Werke ge­hen, und kenntnißreichern Federn eine wohlbedachte Kritik über­lassen; wenn wir hie und da uns nicht enthalten können, un­sere eigenen Gefühle laut werden zu lassen, so ist das eben nur eine subjektive Auffassung, die nur für diejenigen einen Werth haben mag, die mit uns gleich empfinden, ohne das Secirmesser der Kritik nach den Regeln der Kunst zu handhaben.

Damit man sich einen ungefähren Begriff von der Stärke des Orchesters machen könne, zählen wir hier die verschiedenen Gruppen desselben auf:

Die Direktoren sind die Herren Dr. Schumann, Hiller und Tausch (3), Namen, wovon die beiden ersten sattsam bekannt sind, und wovon der letztere seine Fähigkeit nicht allein bei den Vorproben, sondern auch schon früher oft genug bewiesen hat.

Solisten: Frau Clara Novello aus London, Fräul. Natalie Eschborn aus Stuttgart (gestern noch nicht angekommen, wie es hieß eingetretener Unpäßlichkeit wegen); Fräul. Mathilde Hartmann aus Düsseldorf, Fräul. Sophie Schloß aus Düssel­dorf, Hr. v. d. Osten aus Berlin, Hr. Koch aus Köln, Salomon aus Berlin, Hr. Strauven aus Düsseldorf (8).

Vocal=Partie: Soprani 121, Alti 77, Tenori 133, Bassi 159;— Instrumental=Partie 162, also in Summa 654.

Schon früh am ersten Pfingstmorgen waren viele Fremden in den schönen Anlagen und beim Frühstücke auf dem Ana­nasberge, die Bahnzüge brachten reichen Zuwachs und gegen Mittag strömte man schon zahlreich nach dem Geislerschen Gar­tenlokale. Herr Geisler hatte mit lobenswerthem Eifer durch zweckmäßige Tische und gute und preiswürdige Speisen und Getränke für die Annehmlichkeiten des Publikums, auch desje­nigen Theils desselben gesorgt, der nicht in die inneren Räume der Tonhalle eintrat. Nachmittags 5 Uhr war der große Gar­ten gut besetzt, und die Tonhalle, wenn auch nicht überfüllt, doch für die Größe des Raumes über Erwarten voll. Am er­sten Pfingsttage lassen sich bekanntlich, sowohl viele Fremde als Einheimische, vom Besuche des Festes abhalten, weil ihnen der Tag kirchlich zu hoch ist, und steht deshalb morgen und über­morgen ein noch stärkerer Besuch zu erwarten. Nachdem ge­gen 6 Uhr Se. Hoheit der Fürst von Hohenzollern-Sigmarin­gen angekommen war, ertönte ein Trompetenstoß zum Zeichen des Anfanges. In die Tonhalle eintretend, fanden wir die Räume noch in dem schön dekorirten Zustande, wie ihn der Männergesang-Verein bei seinem großen Gesang-Wettstreite her­gestellt hatte. So schön und gefällig diese ganze Ausstattung auch ist, so berührten doch die getrockneten Kränze an den Wän­den unangenehm; bei den großen Kosten, die das Comite auf­wendete, hätten dieselben wohl erneuert werden können, da es unserer Stadt weder an Grün, noch an Blumen mangelt, wie es allen Fremden bekannt und noch vom Maifeste in Aller Er­innerung ist. Das Orchester dagegen hatte eine zweckmäßigere Einrichtung und eine nothwendige Vergrößerung erhalten.

Als Herr Dr. Schumann den Dirigentenstab nahm und das Zeichen zum Anfange gab, verstummte das allgemeine Sum­men der Unterhaltung im Publikum und unter den Sängern. Die Introduktion von Schumann's D-moll Symphonie leitete das Fest ein. Wir heben aus diesem Tonstücke, welches wohl zu den besten gehört, was in neuerer Zeit geschrieben worden ist, die liebliche Romanze und das heitere Scherzo besonders hervor, das uns wahrhaft anheimelte, als ob es mit uns groß gewachsen sei. Wahrlich, gehört auch Schumann noch zu Le­benden und wird er noch so verschieden aufgefaßt, er ist ein großer Componist, das muß selbst die Scheelsucht eingestehen, und seine Widersacher selbst könnten nicht umhin, ein Blätt­chen mit in seinen Lorbeerkranz zu flechten, wenn sie nach in­nerer Ueberzeugung thun wollten. Ein reicher und langer Ap­plaus lehnte dem gediegenen Werke und der gelungenen Aus­führung:

Jetzt begann der Messias unter Schumann's Direktion mit der hin- und herkämpfenden Ouvertüre, die das Herz des Hörers zerreißt und alle seine Empfindungen in Bewegung bringt, ohne sie zu einem klaren! Gedankenabschluß zu bringen, bis das nachfolgende Recitativ: Tröstet rc. den ersten Lichtstraht in das geheimnißvolle Dunkel der Ouvertüre wirft und mehr und mehr die Erwartung dessen, was da kommen wird, aus dem Gebiete der Ahnung hinaus zur klaren Voraussicht gelan­gen läßt, denn die Herrlichkeit Gottes wird offen­bart. (Singt der Chor.) Alle Völker werden es sehen; denn es ist Gott, den es verheißen hat. Die Aus­führung dieses Chores war mangellos, und das schöne Recita­tiv, von Fräulein Schloß gesungen, machte einen tiefen Ein­druck. Je öfter wir diese Sängerin hören, desto mehr elegische Empfindung, desto mehr Poesie finden wir in jedem ihrer Töne, und wir können mit Recht stolz darauf sein, daß sie ihren Wohnsitz bei uns aufschlug. (Forts. folgt.)
   
[[ DIE HIER ANGEKÜNDIGTE FORTSETZUNG WURDE VON K. J. noch nicht als offener Internet-Text erschlossen. ]]
-- Leerzeilen stammen von K. J. zum besseren Lesen. Original aber mit Absatzeinrückungen. -- SPERRDRUCK wurde hier zu kursiv gewandelt. --



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ES FOLGT NUN: ebenfalls aus: Düsseldorfer Zeitung (Mittwoch, 18.5.1853) Ausgabe Nr. 128

Nun das PROGRAMM nur für den DIENSTAG, 17.5.1853. – 31. Niederrheinische Musiktage 1853. Über Pfingsten 1853.


* Düsseldorf, 16. Mai. Nachdem gestern der Mes­sias unter großem Beifall aufgeführt worden und mit der heutigen Aufführung das allgemeine Fest schloß, ist für Dienstag das Programm des Künstler-Concertes wie folgt, festgesetzt:

1) Hallelujah aus Messias von Händel. Diese Piece er­regte schon gestern einen ungewöhnlich starken Applaus.

2) Arie Gott sei mir gnädig aus Paulus von Men­delssohn, vorgetragen von Hrn. Salomon, der sich ge­stern durch seinen reinen Baß auszeichnete und Alle zur Bewunderung hinriß.

3) Romanze aus Ein Traum in der Christnacht von Hiller, gesungen von Hrn. Koch.

4) Clavier-Concert von Schumann, gespielt von Frau Clara Schumann. Bei der bekannten Virtuosität der Künstlerin erwarten wir von diesem Stücke einen herr­lichen Kunstgenuß.

5) 3 Lieder, schottisch und englisch, von Frau C. Novello gesungen.

6) Werden wir eine Ouvertüre von unserm jungen talent­vollen Tausch hören.

7) Adelaide von Beethoven, welche Hr. v. d. Osten singt und Frau Schumann accompagnirt.

8) Violin-Concert von Beethoven, von Joachim gespielt.

9) Eine Arie, gesungen von Fr. Novello.

10) Eine freie Clavier-Fantasie von Hiller, der in diesem Genre bekanntlich Meister ist.

11) Zum Schluß eine neue Festouvertüre über das Rhein­weinlied, vom R. Schumann.

FETTDRUCK letzte Zeile VON K. J., dazu [Siehe bei ... 11)] hat ja Wolfgang Müller von Königswinter seine NEO-Version als TEXT zum RHEINWEINLIED geschrieben. Für Schumann! Für das Musikfest 1853! – Schumann, den er kannte, den er als Arzt in Düsseldorf behandelte und in dessen (Schumanns) einstiger Musikzeitung in Leipzig ("Neue Zeitschrift für Musik") unser W. Müller (v. K.) schon in jüngeren Jahren etwas veröffentlicht hatte.


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Düsseldorfer Zeitung (Samstag, 14.5.1853) Ausgabe Nr. 125



Polizei-Verordnung.

Auf Grund des §. 5 des Gesetzes über die Po­lizei=Verwaltung vom 11. März 1850 wird für die Tage des 15. 16. und 17. Mai c., während des hierselbst stattfindenden 31. Niederrheinischen Musikfestes, zur Sicherung der freien Passage Folgendes verordnet:

1. Alle Gefähre, welche Personen nach dem Geisler'schen Garten=Lokale bringen, müssen von dem Flingerthore her anfahren und nach dem Jä­gerhofe hin, durch die Jacobistraße, abfahren.

2. Alle unbesetzte Gefähre, welche Perso­nen vom Geisler'schen Lokale abholen wollen, müssen von dem Jägerhofe her durch die Jacobi­straße anfahren und die Schadowstraße entlang abfahren.

3. Die Aufstellung von Gefähren am Geis­lerschen Lokale und in der Nähe desselben, darf nur nach specieller Anordnung der dorthin beor­derten Polizeibeamten erfolgen.

4. Um alle Straßenecken und im Gedränge muß im Schritt gefahren und geritten werden.

5. Wer gegen diese Verordnung fehlt, ver­wirkt eine Geldstrafe von 13 Thaler.


Düsseldorf
, den 12. Mai 1853.

Der Königl. Polizei=Direktor.

Der Bürgermeister, A. A.

Hammers. Reinecke,

Königl. Polizei=Inspektor.



Der folgende ARTIKEL zum 31. Niederrheinischen MUSIKFEST 1853 erschien am 21.5.1853 und 28.5.1853 und 4.6.1853, also in 3 Ausgaben, als FORTSETZUNG: Römisch I. (21.5.1853) und II. (28.5.1853) und III. (4.6.1853) K. J. hat diesen Artikel (alle 3 Teile) samt 1. Zeitungskopf (21.5.1853) als JPG-Bild am 12.9.2025 als offenen Internet-Text in diese Web-Seite hier hineingestellt.




Wir beginnen mit Teil I., weiter unten dann II. und später III.


QUELLE: "Rheinische Musik-Zeitung für Kunstfreunde und Künstler"
-- redigirt von Professor L. Bischoff.
Nro. 151. Cöln, den 21. Mai 1853. III. Jahrg. Nro. 47.
fortlaufende Paginierung im Jahrgang: Seiten 1201, 1202, 1203 

Von dieser Zeitung erscheint jeden Samstag wenigstens ein ganzer Bogen. – Der Abonnements-Preis pro Jahr beträgt 4 Thlr. Durch die Post bezogen 4 Thlr. 10 Sgr. Eine einzelne Nummer 4 Sgr. – Insertions-Gebühren pro Petit-Zeile 2 Sgr. – Briefe und Packete werden unter der Adresse des Verlegers M. Schloss in Cöln erbeten


Originaler SPERRDRUCK wurde hier kursiv gesetzt. Dann lassen sich besser Worte suchen. ACHTUNG: Kursiv-ähnliche Auszeichnungen oder eine andere Schrift gab es vom Original her auch. Hier ist alles zu einem KURSIV zusammengefasst. Bei Bedarf müsste man immer nochmals ins Original schauen.


Das 31. niederrheinische Musikfest.
I.

Als nach einer dreijährigen Unterbrechung die Stadt Aachen im Jahre 1851 die Feier des nieder­rheinischen Musikfestes an den Pfingsttagen wieder aufnahm, da freuten wir uns im Interesse der Kunst und des Rheinlandes dieser Wiedergeburt eines Fe­stes, das wir fast ein Menschenalter hindurch als mit der Frühlingsfeier am Rhein innig verbunden zu betrachten gewohnt waren. Der Erfolg bewies, wie tief die Liebe zu diesem vaterländischen Kunst­institut wurzelte: die Theilnahme war über alle Er­wartung zahlreich. Dennoch ging das Jahr 1852 wiederum ohne Musikfest vorüber: – die Stadt Cöln, an der die Reihe war, hatte nicht den – – ja, was hatte sie denn eigentlich nicht ? die erforderlichen musikalischen Kräfte, um den Stamm zu bilden P Ei! ein Chor von 250–300 Stimmen und ein Orche­ster mit 24 Violinen u. s. w. dürften wohl dazu hin­reichen. Aber ein Lokal P Freilich – der Gürzenich­Saal fasst nur 4000 Menschen, dass ist wahr – und es sind erst 9 Mal die Musikfeste darin gehal­ten worden – wer weiss, wie es das zehnte Mal geklungen hätte? Aber halt: der Umbau desselben war beschlossen, er sollte im vorigen Frühjahr in Angriff genommen werden. Er ist zwar auch heute nur noch Plan oder Idee, wie die Menschen zu sa­gen pflegen – unstreitig aber nicht nur eine schöne, sondern auch eine für Cöln durchaus nothwendige Idee: und wenn der Mensch sein Leben für eine Idee opfern soll, warum nicht auch ein Musik­fest? So fiel das vorjährige Fest einem Projekte zum Opfer, dessen schnelle Verwirklichung übrigens dem Vernehmen nach anderswo Hindernisse fand, als in dem guten Willen der Cölner. Jedenfalls war aber diese Verzögerung vorauszusehen und wir kön­men Cöln nicht völlig freisprechen: entweder kennt es seine Bedeutung für die musikalischen Zustände in Deutschland noch nicht, oder, was wahrschein­licher ist, es ist noch nicht darüber im Klaren, was zu thun ist, um eine solche Bedeutung zu be­wahren und zu erhöhen.
    Düsseldorf, in seinen musikalischen Kräften gar nicht mit Cöln zu vergleichen, besonders bei der Erlahmung und Entmuthigung, ja Zerrissenheit der­selben in neuerer Zeit *), hat es dennoch für eine Ehrensache gehalten, das Musikfest aufrecht zu er­halten, hat das Unternehmen mit Muth in die Hand genommen und mit Glanz durchgeführt. Das Comité verdient deshalb den vollen Dank aller Musikfreunde sowohl für die zweckmässigen Anordnungen, als für das Vertrauen, welches es auf den Namen „nieder­rheinisches Musikfest“ gesetzt, und welches durch das Herbeiströmen einer Menge von Künstlern und Kunstfreunden von nah und fern vollständig gerecht­fertigt worden ist. Von Orchesterdirigenten und Componisten begrüssten wir unter den Zuhörern u. A. die Herren Seghers und Gouvy aus Paris, Jüllien aus London, Schnyder von Warten­see aus Frankfurt, Verhülst aus Rotterdam, Winkelmeier aus Heidelberg, C. Müller aus Münster, E. Frank und C. Reinecke aus Cöln, Schornstein I. und Weinbrenner aus Elberfeld, Schornstein II. aus Barmen, Lenz aus Coblenz, Kirchner aus der Schweiz, Al. Schmitt d. Jüng.


*) S. unten den Bericht über die musikalischen Zustände in Düsseldorf, den wir einige Wochen vor dem Musikfest aus ehrenwerther und unparteiischer Feder erhalten haben.


aus Frankfurt u. s. w. Die Aufführungen und selbst die Proben waren zahlreich besucht, besonders an den zwei letzten Tagen, und der Andrang von Fremden in der Stadt überhaupt so gross, dass es vielen unmöglich war, an den Mittagstafeln der Gasthäuser Platz zu finden.
    Das Fest fand in der neu erbauten Tonhalle im Geisler'schen Garten statt. Wenn dies Gebäude auch nicht eben besonders günstige akustische Verhält­nisse hat, so gewährt es gegen den frühern Saal doch den grossen Vortheil eines unbeschränkten Raumes, indem es bei bequemer Aufstellung einer Tonbühne für 6–700 Personen noch 1780 numerirte Sitzplätze für die Zuhörer fasst.
    Die vereinigten musikalischen Kräfte bildeten eine imposante Masse von 650 Mitwirkenden, wovon die Vocalpartie 490, die Instrumentalpartie 160 zählte. An künstlerischer Tüchtigkeit stand die letztere je­doch weit über der erstern. Damit wollen wir nicht sagen, dass der Chor ungenügend gewesen wäre; im Gegentheil, er war gut in seinen Bestandtheilen, allein dem Ganzen fehlte es an Sicherheit, an Zu­versicht, an Dreistigkeit, an Schwung und Freudig­keit. Trotzdem machte das Material der klangvollen Stimmen eine schöne Wirkung, welche jedoch durch längeres Studium, und theilweise durch eine ener­gischere Leitung, zu höherm Grade hätte gesteigert werden können. Düsseldorf selbst hatte dazu 163 Sänger und Sängerinnen gestellt, die Fremde sich mit 487 betheiligt, wobei Cöln mit 74, Aachen mit 48, Barmen mit 45, Elberfeld mit 39, Mühlheim a. d. Ruhr mit 25, Wesel mit 20, Bonn mit 11, u. s. w. Das Verhältniss der Stimmen war 121 Soprani, 77 Alti, 133 Tenori und 159 Bassi. Der Alt trat trotz des Abstands der Zahl nicht vor dem Sopran zurück, indess würden 12–20 Knabenstimmen – und die wären doch wohl aus dem Gymnasium u. s. w. zu haben gewesen – die Wirkung bedeutend erhöht haben.
    Im Orchester war Alles gut und Vieles ganz vor­trefflich. Unter den 65 Violinisten, angeführt von dem Concertmeister Hartmann aus Cöln, begeg­neten wir glänzenden Namen, wie vor allem Joa­chim aus Hannover und Pixis aus Cöln; dann Becker aus Düsseldorf, Gleichauf aus Brüssel, von Wasielewski und Mohr aus Bonn, Wenig­mann I. und II. aus Aachen u. s. w.; die zweiten Violinen führte Derckum aus Cöln, die Bratschen (27) Musikdirektor Weber aus Cöln, dabei u. A. die Hrn. Kochner aus Düsseldorf, Meckum aus Cöln, Reimers II. aus Bonn; an den Violoncelli (25) die Herren B. Breuer aus Cöln, Bockmühl aus Düsseldorf, Reimers II. aus Bonn, Wenig­mann IlI. aus Aachen u. s. w.; an den Bässen (12) A. Breuer aus Cöln, Sachar aus Frankfurt a. M. u. s. w. Die Blasinstrumente in Holz und Blech durchweg gut, zum Theil, wie Oboe, Fagott, Trom­pete, vortrefflich.
    Dirigenten waren am ersten Tage Robert Schu­mann, am zweiten Ferdinand Hiller, am dritten trat auch Jul. Tausch aus Düsseldorf für eine Ouvertüre von seiner Composition und zwei Solo­gesangstücke dazu. Wir müssen es im Interesse der Musikfeste durchaus missbilligen, wenn man bei Uebertragung der Direction Lokalverhältnisse und persönliche Rücksichten walten lässt. Schumann – bei aller Achtung vor seinem genialen Compositions­talent – ist kein Dirigent, was man in Düsseldorf auch recht gut weiss: er mochte immerhin seine eigenen Compositionen dirigiren, das war genug. Und Tausch, den wir als strebsamen und talentvollen Musiker achten, ist noch nicht bedeutend genug, um auf den Ankündigungen als Leiter eines niederrhei­nischen Musikfestes neben Hiller und Schumaun genannt zu werden. Der wirkliche Festdirigent konnte nur Hiller sein, weil er allein alle Erforder­nisse in sich vereinigt, die den Dirigenten machen. Dergleichen städtische Verhätschelungen müssen vor der Würde der Kunst an Musikfesten verschwinden. Was sollten wir in Cöln anfangen, wenn wir bei einem zukünftigen Musikfeste neben dem eigentli­chen Festleiter die sechs bis acht hier lebenden Vereins- und Orchesterdirigenten alle mit Direk­tion bedenken und auf den Zettel drucken lassen müssten??
    Der erste Tag des Festes, Sonntag den 15. Mai begann mit der Aufführung einer neuen Sinfonie von Rob. Schumann.
    In diesem Werke begrüssen wir mit Freuden eine geniale Tonschöpfung des berühmten Meisters; in ihr ist Alles vereint, was einem musikalischen Kunst­werke das Gepräge der Ursprünglichkeit und Schön­heit giebt. Da staunen wir nicht vor der künstlichen Bearbeitung von Motiven ohne melodischen Gesang, da werden unsere Nerven nicht erschüttert von schroff einschneidenden Harmonien, da wenden wir uns nicht ab vor einer zur Manier gewordenen Son­derbarkeit der Tonschlüsse – nein, in dieser Sin­fonie treten gleich von vorn herein Tongestalten uns entgegen, welche nicht der grübelnde Verstand ge­schaffen, sondern die dem überquillenden Born des innersten musikalischen Lebens wie Meerjungfrauen entsteigen, welche durch die Liebe eine Seele be­kommen haben. Und sie ziehen uns immer mehr zu sich hin, sie umschlingen sich zu herrlichen Grup­pen, bei denen wir nicht wissen, ob ihre schönen Formen oder ihre lieblichen Gesänge uns am meisten fesseln, und immer umspült sie in mannichfaltigen, reizenden Figuren die stets klare, selbst im Aufschäu­men helle und durchsichtige Woge der Töne. Die Sinfonie, deren Haupttonart D moll ist, besteht aus Einleitung, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale in Einem Satz, wird ohne Unterbrechung durchgespielt, ist jedoch keineswegs zu lang, da jeder Satz – vor allem aber die Romanze und das Scherzo, welche von wunderbarer Schönheit sind – sowohl die Aufmerksamkeit fesselt als Fantasie und Gemüth in Anspruch nimmt. Der Erfolg war denn auch ein ganz ausserordentlicher und bestätigte den oft von uns ausgesprochenen Satz, dass bei guter Aufführung das wahrhaft Schöne in der Musik auch bei dem ersten Hören uns sogleich ergreift und mit Macht in unser Gefühl dringt. Von allen Instrumen­talwerken, welche für das niederrheinische Musikfest componirt oder zum ersten Male auf demselben auf­geführt worden sind, gebührt diesem unbedingt die Palme. Möge Düsseldorf stolz darauf sein, einen Tondichter wie Robert Schumann zu seinen Mitbür­gern zu zählen! Das Schaffen ist dessen Beruf: und wer von Einem, den der Genius dazu ge­weihet hat, verlangt, dass er sich auch in allen praktischen Dingen wie andere Erdensöhne geba­ren solle, der verkennt eben die Natur des Ge­nius. Aber Eins dürfen wir nicht verschweigen, Eins müssen wir Schumann zmrufen: „Schaue rück­wärts! Werde wieder, was Du warst, stosse die hol­den Melodien nicht absichtlich von Dir, wenn sie Dich suchen wie vormals, vergrabe Dich nicht in das struppige Dickicht, wo die Ungethüme und ab­sonderlichen Gebilde hausen, durchziehe wie sonst den hohen lichten Eichenwald, in den der blaue Him­mel hereinblickt und auf dessen grünen Matten die Sonnenstrahlen wärmen und treiben!“ Und wie kom­inen wir zu diesem Zuruf P Weil diese Sinfonie, die uns entzückt hat, nicht jetzt, sondern vor acht bis zehn Jahren geschrieben ist und von Schumann selbst vielleicht zum Begrabensein bestimmt war! Jetzt wird sie hoffentlich so bald wie möglich ge­druckt; dann wird sie im nächsten Winter durch ganz Deutschland wandern und ganz Deutschland wird in unsern Ruf einstimmen.


Fortsetzung vom Artikel zum 31. Niederrheinischen Musikfest 1853 erschien in der nächsten Ausgabe der Rheinischen Musik-Zeitung
Die Ausgabe vom 28. Mai 1853

fortlaufende Paginierung im Jahrgang: Seiten 1209, 1210, 1211, 1212

QUELLE: Nro. 152. Cöln, den 28. Mai 1853. III. Jahrg. Nro. 48.


Originaler SPERRDRUCK wurde hier kursiv gesetzt. Dann lassen sich besser Worte suchen. ACHTUNG: Kursiv-ähnliche Auszeichnungen oder eine andere Schrift gab es vom Original her auch. Hier ist alles zu einem KURSIV zusammengefasst. Bei Bedarf müsste man immer nochmals ins Original schauen.


Das 31. niederrheinische Musikfest.
II.

Nach der Sinfonie von R. Schumann folgte die Aufführung von Händels Messias.
    Hier drängt sich von vorn herein die Frage auf: „Wie weit soll man bei der Aufführung von Händel'­schen Oratorien im Concertsaal – nicht in der Kir­che – die Pietät in Bezug auf die Ganzheit des Werks treiben?“ – Wir antworten ohne im gering­sten zu zögern, dass wir - nicht zu denjenigen gehö­ren, welche die Unantastbarkeit desselben predigen: wir halten es im Gegentheil für wahre Pietät, seine Längen zu verkürzen, seine Schwächen dem Blick zu entziehen, um das grosse und erhabene Schöne des­selben nicht bloss in den bestäubten Partituren für Wenige, für Musiker und Kenner, sondern für das allgemeine Kunstleben, für die Anregung der gan­zen Masse der gebildeten Kunstfreunde zu erhalten und von Zeit zu Zeit wieder lebendig zu machen. Der Zorn der eingefleischten Klassiker, oder richtiger gesagt Alterthümler, über Auslassungen und Verkür­zungen wäre nur dann berechtigt, wenn von einem historischen Concerte die Rede wäre, das uns z. B. den Messias gerade wieder so vorführte, wie Händel ihn erst seinem Könige in der leeren Kirche, und nachher den grossen zahlreichen Gemeinden von Dublin und London vorgeführt hat. Da dies aber gar nicht mehr möglich ist, da wir im Messias gar nicht mehr den reinen Händel, sondern Händel und Mozart hören, so begreife ich nicht, wie die Pietät, welche auf der einen Seite ruhig zusieht, dass der ursprüng­liche Leih in einer neuen Draperie als ein ganz anderer erscheint, sich wie rasend gebärden dürfe, wenn man einen Schritt weiter geht und der einmal doch schon modernisirten Gestalt auch noch den Zopf abschneidet. Wir wünschen und verlangen, dass Händel den grossen Concerten und namentlich den Musikfesten in Deutschland erhalten werde, aber eben deswegen ist es an der Zeit, seine Werke nach richtigen Grundsätzen zu verkürzen und zusammen­zuziehen: – dies ist jetzt eben so nöthig, um ihn uns zu erhalten, als vor 30 bis 50 Jahren eine er­gänzende Instrumentirung bereits ein Bedürfniss ge­worden war.
    Dazu kommt, dass jedem Unbefangenen bei Durch­sicht der Händel'schen Werke die Ueberzeugung nicht fern bleiben kann, dass bei ihm die ästhetische Kunstform des Oratoriums als eines Ganzen keines­wegs vollkommen ist, dass von der gepriesenen Ein­heit der Handlung oder der Idee, die durch Auslassun­gen zerrissen werde, u. dgl. m. eigentlich nicht die Rede sein kann. Mit Ausnahme des Samson lässt sich in al­len seinen Oratorien ein Mangel an Einheit und Steige­rung nachweisen, und eine Menge von Nummern, wel­che wir als nothwendige Bestandtheile des Kunstwerks hinnehmen sollen, verdanken ihre Entstehung und Einordnung nichts anderm, als dem zur Zeit gelten­den musikalischen Zuschnitt und den Concessionen an den damaligen Geschmack. Auch ist es bekannt genug, dass Händel Arien aus seinen Opern in die Oratorien aufnahm und in den Oratorien selbst Chöre aus einem in das andere versetzte, wie z. B. den prächtigen Siegsgesang in G dur aus dem Macca­bäus in den Josua.
    Bei Messias ist nun noch etwas Anderes in Be­tracht zu ziehen. Händel fasste seinen Vorwurf ganz anders auf, als einige Jahre später Klopstock. Wenn dieser das ganze Leben und die Wirksamkeit des Messias in epischer Folge darstellen und entwickeln wollte und dabei an der Natur des Stoffs scheiterte, so fertigte Händel die Zumuthung eines Englischen Bischofs zu etwas Aehnlichem sehr ener­gisch ab und fühlte ganz richtig, dass sowohl eine epische Schilderung der Begebenheiten als eine dra­matische Darstellung derselben die Grösse des Ge­genstandes niemals erreichen würden. Er verwarf deshalb Beides und beschloss, nicht die That, son­dern die Idee der Erlösung durch die Kunst zu ver­herrlichen. So musste denn das lyrische Element vorwalten und Händels Messias ist weit mehr eine grossartige Cantate, als ein Oratorium – das Werk spricht die beseligenden und wehmüthigen Gefühle der christlichen Menschheit über Geburt und Opfer­tod des Heilandes, Ausbreitung des Evangeliums, Erlösung und ewiges Leben aus, und will den Trost des Glaubens in die Herzen tragen auf den Schwin­gen derjenigen Kunst, welche vor allen andern im Stande ist, die Sehnsucht des menschlichen Gemüths nach Vereinigung mit Gott auszusprechen.
    Dadurch unterscheidet sich der Messias ganz be­deutend von andern Händel'schen Oratorien. Samson, Judas Maccabäus, Josua, Israel in Aegypten sind grossartige dramatische Kunstgebilde. In ihnen ist eine Fülle von Handlung, im Messias nichts als ein unendlicher Reichthum von Empfindungen und Ge­fühlen, der Andacht, Hoffnung, des Schmerzes, des Trostes in der Liebe Gottes, des Triumphes über das Reich des Herrn, der Zuversicht auf ein ewiges Leben. Der Messias ist deshalb rein kirchlich und – es muss einmal gesagt werden – er passt von allen Händel'schen Werken am wenigsten für den Concertsaal, womit wir jedoch keineswegs ihn von grossen Concertaufführungen ganz und gar ver­bannen wollen, eben so wenig als Bach'sche Canta­ten und Cherubini'sche und Beethoven'sche Messen. Wir wollen mit diesem Ausspruch nur unserm Ziele näher rücken.
    In diesem Charakter des Messias nämlich liegt nun eben der Grund, weshalb bei aller Vortrefflich­keit der Composition dennoch eine gewisse Eintö­nigkeit vorhanden ist, deren auf die Dauer ermü­dende Wirkung schwerlich zu leugnen sein dürfte. Das menschliche Gemüth hält eine zu lange an­dauernde Spannung seiner höchsten Gefühle, nament­lich in der Aufregung durch Musik, nicht aus. Der Messias ist wie ein Dom von tönendem Erz: die Stürme eines abgeschiedenen Jahrhunderts sind an ihm spurlos vorübergegangen und er wird unter den Stürmen der kommenden nicht verwittern. Gewiss, die Hallen eines gothischen Domes – wir wollen im Bilde bleiben, das uns ja doch ohnedies so nahe liegt – ergreifen uns mächtig und wunderbar: aber verweilen wir taglang in ihren noch so herrlichen Gewölben, so sehnt sich die Seele doch nach der freien Natur, nach dem blauen Himmel und dem Licht der Sonne, nach dem Waldesgrün und dem lebendigen Hauche, der durch die bewegten Wipfel weht.
    Sind diese Betrachtungen richtig – und ihre Wahr­heit wird sich nicht wohl in Abrede stellen lassen – so folgt daraus die Nothwendigkeit der Verkür­zung des Messias für den Concertsaal und zugleich der Grundsatz, welcher uns bei dieser Verkürzung leiten muss. Es ist dieser: der Hauptcharakter des Werks darf nicht verwischt werden, er muss im Gegentheil durch die Zusammenziehung noch deut­licher ins Licht treten. Der Willkür oder den Rück­sichten auf Sologesang oder selbst auf den Werth einzelner Nummern als Musikstücke an und für sich, darf dabei nicht gefröhnt werden. Der Hauptcha­rakter des Messias ist aber lyrisch: folglich muss das lyrische Element vor allem sein Recht behalten, wogegen man diejenigen Nummern, welche in das Symbolische und Mystische oder in das Dramati­sche streifen, aufopfern kann. Man wird dadurch der Einheit des Kunstwerks nicht nur nicht schaden, son­dern sie fördern.
    Hienach sind wir in Bezug auf die Düsseldorfer Aufführung damit einverstanden, dass im ersten Theil die Arie Nro. 3 „Alle Thale macht hoch“ wegblieb. Dagegen möchten wir Nro. 5, 6 und 7 nicht entbeh­ren: denn der erste Theil des Messias zeigt uns den trostlosen Zustand der Welt und das Bewusstsein desselben in den Herzen der Menschen: selbst die Verheissung, die in Nro. 5 bestimmt ausgesprochen wird, weckt eine bange Ahnung: denn „Wer ver­mag den Tag seines Kommens zu erleiden und wer besteht?“ (Nr. 6). Aber die Hoffnung steigt in dem Chor Nro. 7 „Er wird sie reinigen, die Söhne Le­vi“. Nun tritt mit dem Recitativ des Alts Nro. 8 erst die eigentliche Verkündigung ein. Hier müssen wir die Verkehrtheit rügen, in welcher man diesem Recitativ in neuerer Zeit aus übel angebrachter Zie­rerei den Text unterlegt: „Denn siehe, der Ver­heissne des Herrn ist erschienen, dess Name heisst u. s. w.“ Der Englische Originaltext heisst Behold a virgin shall conceive and bear a son, and shall call his name etc. Wer also anstatt der Ver­kündigung der Geburt die vollendete Thatsache der­selben vorwegnimmt, auf welche Händel durch die ganze Hälfte des 1. Theils vorbereitet, um sie erst in Nro. 13 „Es ist uns ein Kind geboren“ mit aller Kraft zu verherrlichen, der hat keine Idee von dem Bau des Ganzen, der vernichtet die so schön berechnete Steigerung der Gefühle bis zu dem Haupt­moment der Geburt und verwirrt das Verständniss des ganzen ersten Theils. Will man den biblischen Text nicht geradezu wörtlich beibehalten, so lasse man singen: „Und siehe, eine Jungfrau ist erkoren zu gebären einen Sohn, dess Name heisst Immanuel“. – Darauf verkündet eine Stimme mit der schönen Melodie gläubiger Zuversicht „Wonne in Zion“ (Nro. 9) und nun falle die Verherrlichung der wirklichen Geburt des Heilandes mit Nro. 13 ein: „Es ist uns ein Kind geboren.“ Aber warum liess der Herr Di­rigent hier die nacheinander eintretenden Soli der vier Stimmen vom ganzen Chor singen? Diese Aen­derung behagt uns gar nicht: erst sprechen sich einzelne Stimmen freudig aus, wie froh bewegte Zeugen, und dann bricht das Erstaunen einer gan­zen Welt: „Wunderbar! Herrlichkeit!“ mit aller Glo­rie hervor. So hat es sich Händel gedacht und diese grossartige Wirkung soll man ihm nicht verkümmern.
    Man sieht, dass wir Nro. 11 und 12 auslassen. Ihr Inhalt ist mystisch und geht zum Theil auf den trostlosen Zustand der Menschheit wieder zurück, der durch die Hoffnungen in Nro. 7, 8, 9 schon überwunden ist. Auch hätten wir gar nichts dage­gen, wenn der erste Theil mit dem Chor Nro. 13 schlösse – ja, er wäre für sich allein schon eine herrliche Weihnachtscantate. Jedenfalls müssen wir das Instrumental-Pastorale Nro. 14 streichen, welches gar keine Berechtigung hat, da die Hirten nachher eben nur mit einem Wort erwähnt werden, aber keineswegs die Bedeutung haben, dass sie auf die Einführung durch 32 Takte Instrumentalmusik Anspruch machen könnten. Wir lassen aber auch Nro. 15, die Erzählung von der Erscheinung des Engels und Nro. 16, den Chor der Engel, weg; was soll das Stückchen epischen Elements unter den ly­rischen Ergüssen ? Wozu die Engel ein einziges Mal herbeiziehen, wo das ganze Oratorium nur die Empfindungen der Menschen ausspricht? Und kann dieser Chor „Ehre sei Gott in der Höhe“ – nicht bloss desshalb, weil uns so manches treffliche und begeisternde Gloria in Ercelsis Deo seitdem ge­schrieben worden ist, sondern abgesehen davon – nach der Nro. 13 noch eine gesteigerte Wirkung hervorbringen? Unmöglich. Die Arie in B dur, Nro. 17 „Erwache zu Liedern der Wonne“ lassen wir auch fallen: ihr Inhalt kömmt wie man zu sagen pflegt post festum, denn der Jubel ist schon dage­wesen. Sie ist nichts als eine Concession an den Solotenor, der aber mit ihr in unserer Zeit auch keine Lorbeern ärnten wird.
    Wir schliessen also unmittelbar an Nro. 13 (G dur) das Recitativ Nr. 18 (G dur) „Nun thut das Auge des Blinden sich auf“, worauf denn die Sopran-Arie Nro. 19 „Er weidet seine Heerde“ und der Schluss­chor Nro. 20: „Sein Joch ist sanft“ folgen, durch welche drei Nummern eine Andeutung der heilbrin­genden und alltröstenden Lehre des Heilandes ge­geben wird. Unser erster Theil enthält demnach statt der 20 Nummern der Partitur dreizehn (in Düsseldorf 18).
    Mit den Auslassungen im II. Theil, wie sie in Düsseldorf stattfanden (Nro. 26, 27, 33, 34, 35) sind wir bis zu Nro. 38 einschliesslich ganz einverstan­den. Doch könnte noch die Fuge Nro. 24 wegblei­ben. Von da an lassen wir aber auch noch Nro. 39 Arie „Warum entbrennen die Heiden?“, Nro. 40 Chor: „Auf zerreisset ihre Bande“ – Nro. 41 und 42 Tenor-Recitativ und Arie: „Du zerschlägst sie“ – ausfallen. Unsere Gründe sind folgende. Der Inhalt des II. Theils zerfällt in zwei Hälften: die erste schildert die Gefühle beim Opfertod des Hei­lands für die sündige Menschheit, deren „ganze Mis­sethat der Ewige auf ihn warf“ und den Jubel bei der Auferstehung; die zweite das Ausgehen des Evangeliums, der frohen Botschaft, in alle Völker und den Triumph über den Sieg des Christenthums durch die Macht Gottes, der „von nun an auf ewig regiert“. Die erste schliesst mit dem prachtvollen Chor Nro. 32 in F dur: „Hoch thut euch auf, ihr Thore der Welt!“, nach welchem deshalb bei der Aufführung ein grösserer Ruhepunkt gemacht wer­den muss. Wir knüpfen hier die Bemerkung an, dass die Dirigenten eins der wirksamsten Mittel zum Verständniss eines grossen Musikwerkes und zum Erfolg desselben bei den Zuhörern häufig entweder nicht kennen oder vernachlässigen – nämlich die richtige Verbindung oder Sonderung der ein­zelnen Nummern, jene durch unmittelbares Anschließsen, diese durch markirte Abschnitte. Wer jede Nummer für sich absingen lässt, nach jeder eine ge­hörige Pause für Niedersetzen, Räuspern, Schnupfen und andere sehr prosaische Menschlichkeiten macht, der vernichtet wahrlich die Einheit eines Kunstwerks weit mehr, als wer einige Gesangstücke überschlägt, und er reisst den Zuhörer nur zu häufig ganz aus der Begeisterung heraus. Ebenso fehlerhaft ist es aber auch, die nothwendigen Abschnitte in der Hand­lung oder in dem Wechsel der Empfindungen u. s. w. unbeachtet zu lassen. Was den Chor Nro. 32 selbst betrifft, so ist ein Irrthum von F. Rochlitz über ihn zu berichtigen: er findet darin eine Hinneigung zum Dramatischen, wozu ihn der fragende und ant­wortende Wechselgesang: „Wer ist der König der Ehren P – Der Herr u. s. w..“ verleitet hat. Dieser Chor ist im Gegentheil ein Erguss der höchsten Ly­rik, ein antistrophischer Hymnus zur Verherrlichung der Macht Gottes in der Auferstehung Christi. In seiner Wirkung wird er nur vom Halleluja über­troffen.
    Dagegen greifen in der zweiten Hälfte (Verbrei­tung des Evangeliums) die oben angeführten Num­mern 39–42 allerdings in's Dramatische über und eröffnen eine Scene, welche nicht zu der Einheit des Ganzen passt. Sie gehören übrigens – namentlich der Chor in C dur und die Tenorarie in A moll, in welcher das begleitende Motiv der Sechszehntelfi­gur der Violinen durchaus nicht zu dem Charakter des Stücks passt – zu den schwächsten Partien des Werkes. Zwischen den Chor Nro. 38 in Es und dem Halleluja in D lege man das kleine Recitativ Nro. 33 mit andern, passenden Worten, oder das Recitativ Nro. 48 (in A dur transponirt): „So ward erfüllt das Wort des Wahrhaftigen: Der Tod ist in den Sieg verschlungen“ – und schliesse dann mit dem Chor aller Chöre, dem Halleluja, welches – wenn je ein Menschenwerk – ein Ausfluss göttlicher Begeisterung ist. Sagte doch der alte blinde Händel selbst mit Paulus' Worten von seinem SeelenzustaOriginaler SPERRDRUCK wurde hier kursiv gesetzt. Dann lassen sich besser Worte suchen.nde, als er jenen Chor geschrieben: „Ob ich im Leibe gewesen bin oder ausser dem Leibe, weiss ich nicht.“ – Der zweite Theil des Orato­riums, ursprünglich 23 Nummern, enthielte dann nur 14 (in Düsseldorf 17).
    Eine Aufführung, welche die vorgeschlagene An­ordnung befolgte und mit dem Halleluja ganz und gar schlösse, würde in Rücksicht auf Text und Mu­sik ein einheitliches Ganze bilden, das sicher seinen mächtigen Eindruck nicht verfehlte.
    Händel wollte aber ausser den Gefühlen, welche Verheissung, Geburt, Tod und Auferstehung des Messias in der Brust erregen, auch noch die Erlösung der Menschheit und die Zuversicht auf ein ewiges Leben in seinen Plan aufnehmen und die Empfin­dungen des Christen bei den Gedanken daran in Tö­nen aussprechen. In so herrlicher Weise er dies auch – namentlich in der ersten Arie – gethan, so hält sich doch die Spannung des Gemüths nach dem Vorhergegangenen, besonders nach dem wunderbar Ergreifendem der Chöre „Hoch thut euch auf“ und „Halleluja“, nur mit Mühe auf der bereits erreich­ten Höhe. Mit der Abkürzung durch Weglassung der Nummern 48–51, wie sie auch in Düsseldorf statt fand, sind wir deshalb ganz einverstanden.
    Der Bericht ist uns unter der Hand zu einem Ar­tikel über die Einrichtung des Messias zu Con­certaufführungen angewachsen, und wir haben einige bereits früher an anderer Stelle ausgespro­chene Ansichten darin verwebt. Wir sehen aller­dings ihre Verketzerung von Seiten der musikali­schen Orthodoxen voraus, fürchten uns aber keines­wegs davor und glauben im Allgemeinen im Interesse aller derjenigen Kunstfreunde, denen es am Herzen liegt, dass Händel so oft wie möglich wie das dröh­nende Metall einer mahnenden Riesenglocke an das verwöhnte Ohr der musikalischen Welt schlage, ge­schrieben zu haben, und im Besondern im Interesse aller Concertvorstände und Dirigenten, welche der Furcht vor der Langenweile des heutigen Publikums das grösste und erhabenste musikalische Kunstwerk, das der deutsche Genius erzeugt hat, zu oft aufopfern.


Fortsetzung (und Ende) Artikel zu Niederrheinisches Musikfest erschein in der nächsten Ausgabe der Rheinischen Musik-Zeitung.

Jetzt ist es die Ausgabe vom 4. Juni 1853.

Es folgt darin TEIL III.
fortlaufende Paginierung im Jahrgang: SEITEN 1217, 1218, 1219, 1220, 1221

QUELLE: Nro. 153. Cöln, den 4. Juni 1853. III. Jahrg. Nro. 49.

Originaler SPERRDRUCK wurde hier kursiv gesetzt. Dann lassen sich besser Worte suchen. ACHTUNG: Kursiv-ähnliche Auszeichnungen oder eine andere Schrift gab es vom Original her auch. Hier ist alles zu einem KURSIV zusammengefasst. Bei Bedarf müsste man immer nochmals ins Original schauen.


Das 31. niederrheinische Musikfest.
III.

Die Ausführung des Messias war, trotz mancher allerdings auffallenden Mängel, im Ganzen genom­men dennoch eine befriedigende und grösstentheils erhebende. Einige Chöre gingen vortrefflich, z. B. Nro. 4. „Denn die Herrlichkeit Gottes,“ Nro. 16. „Ehre sei Gott“, Nr. 25. „Der Heerde gleich“ – unstreitig die gelungenste Leistung, obschon das Tempo wohl etwas langsamer hätte sein können – Nr. 32. „Hoch thut euch auf“ und der Schlusschor. Dagegen machten die zwei gewaltigen: „Est ist uns ein Kind geboren“ und das „Halleluja“ nicht den grossen Eindruck, den wir sonst an Musikfesten bei solchen Nummern zu empfangen gewohnt sind. Es fehlte nicht an trefflicher Besetzung von allen vier Stimmen, auch nicht an dem Vertrauen der Einzel­nen, aber wohl am Vertrauen des Ganzen, der Masse, entweder auf sich selbst als Ganzes oder auf den Führer, und so konnte sich die rechte Begeisterung nicht entwickeln, ja es kam uns manchmal vor, als wenn der Chor sich ordentlich vor der Begeisterung fürchtete, als wenn ihm die Zuversicht zu fehlen schien, dass seine Lebendigkeit, sein Feuer und seine Freiheit durch die leitende Macht doch stets vor dem Ausbrechen aus der gesetzlichen Bahn des Rhyth­mus und Zeitmaasses würde bewahrt werden. An­ders können wir uns wenigstens ein zuweilen ganz merkwürdiges Erlahmen mitten im Gesang und nach einem gelungenen Aufschwung kaum erklären. Der Messias wurde in diesem Jahre zum vierten Male auf den niederrheinischen Musikfesten aufgeführt, 1819 in Elberfeld (Dirigent Schornstein), 1839 in Düsseldorf (Mendelssohn), 1847 in Cöln (Dorn), nicht eingerechnet 15 Nummern desselben, welche, ohne leitenden Grundsatz nach Willkür zu­sammengestellt oder vielmehr herausgerissen, am zweiten Tage 1826 zu Düsseldorf (Dir. F. Ries) gegeben wurden. Von diesen Aufführungen war die diesjährige die schwächste.
    Die Soli waren in den Händen der Damen Clara Novello, Mathilde Hartmann (Soprane), So­phie Schloss (Alt), der Herren von der Osten (Tenor) und Salomon (Bass) aus Berlin. Unter ihnen glänzte Frau Clara Novello als Stern er­ster Grösse. Sie war uns in der Partie des Mes­sias nicht neu; in Allen, welche dem Musikfestc von 1839 in Düsseldorf beigewohnt hatten, lebte die Erinnerung an sie und unsere Erwartung war des­halb umso gespannter. Sie wurde nicht getäuscht, sie wurde in der That übertroffen. Clara Novello, damals in der ersten Jugendfrische, hat als Sänge­rin nicht nur nicht verloren, sondern an Wärme und Seele des Vortrags bedeutend gewonnen und ihre Stimme hat dieselbe wundervolle Gleichheit in allen Registern und dieselbe Fülle des Klangs behalten. Es ist wahr, dass die Aussprache des Deutschen, jedoch nur in dem Recitativ Nr. 15 hie und da et­was störend war; aber die Arien Nr. 19 „Er weidct­seine Heerde“ und Nr. 44 „Ich weiss, dass mein Erlöser lebt“ wurden hinreissend schön von ihr ge­sungen. Ich kann im Wesentlichen nur wiederho­len, was ich schon 1839 schrieb, dass ich mich nicht so fest in den kritischen Armstuhl eingeklemmt habe, dass ich bei solchem Gesang noch etwas anderes als Ohr und Gefühl sein könnte. Da sagten mir mancherlei Tonkünstler und Tonmäkler von theatra­lischen Verzierungen, von allerlei Trillern, von Vor­trag mit halber Stimme und dergleichen, was zum Händel nicht passe. Ich musste an den Kenner in Göthes Gedichten denken: „Gut, brav! allein hier scheint es mir zu lang und hier zu breit, hier zuckt's ein wenig“ – und dankte Gott, dass ich kein Ken­ner sei! Ich will zugeben, dass die Fermate am Schluss der B-dur-Arie Nr. 19 hätte wegbleiben kön­nen: allein, wer die drei bis vier zugesetzten Töne so singen kann, wie Clara Novello, dem verzeihe ich sie gern. Und die Triller? Eine Sängerin, welche einen wirklichen und schönen Triller machen kann, hat das vollkommenste Recht, den Vortrag dadurch zu verzieren, und das ist so wenig gegen den Charakter der Händel'schen Arien, dass es im Gegentheil ein Mangel an Vollendung des Vortrags ist, wenn eine Künstlerin, weil sie derselben nicht mächtig ist, die Triller weglässt. In der ersten Violinstimme der E-dur-Arie: „lch weiss, dass mein Erlöser lebt“ – und die Violinen haben bekanntlich in dieser Arie häufig dieselben Motive, wie der Ge­sang, in Vor-, Nach- und Zwischenspielen – sind nicht weniger als 26 Triller vorgeschrieben, und in der Singstimme selbst acht. Von diesen machte Clara Novello nur zwei! Ehe ihr also vom Hörensagen und Nachsprechen über moderne Trillerei in Händel den Stab brecht, thätet ihr besser, euch in seinen Partituren umzusehen und dann zu urthei­len. Und „mit halber Stimme?“ Nun, ich möchte das Piano, welches bei der Stelle: „Ein Erstling derer, die schlafen“ wie ein zarter Morgenduft über die Gräber derer, die unter dem Rasen ruhen, da­hinschwebte, um Vieles in der Welt nicht missen, zumal da auch der leiseste Ton noch mit wunder­barer Schwingung erklang.
^    Neben der Novello hatte Frl. Mathilde Hart­mann aus Düsseldorf einen schweren Stand; um so mehr freut es uns, der bescheidenen Künstlerin sagen zu können, dass sie die ihr zugefallenen Num­mern, die Recitative und Arioso's Nr. 28–31, wel­che zu dem Herrlichsten gehören, was Händel für Sologesang geschrieben hat („Die Schmach bricht ihm das Herz u. s. w.“), mit sehr klangvoller Stim­me, durchaus reiner Intonation und recht schönem Vortrag gesungen hat. – Fräul. Sophie Schloss, welche sich am Vorabend des Musikfestes – ein schönerer Zeitpunkt war sicher für die berühmte rheinische Sängerin nicht zu wählen – mit einem Kaufmann aus Hamburg verlobt hatte, würde in die­ser Stimmung eine Arie von Mozart oder Weber schöner als je gesungen haben; in den beiden Hän­del'schen blieb sie dem einfach grossen Vortrage treu, welcher ihre Leistungen in Oratorien stets aus­r gezeichnet hat. Auch sie sang im J.1839 dieselbe Partie, neben Clara Novello, und wenn wir damals von von ihr sagten: „sie wird bald mit um den Preis ringen“, so hat sie unsere Prophezeiung seitdem zur glänzenden Wahrheit gemacht. Der Kunst kann eine Künstlerin wie Sophie Schloss nie untreu wer­den; möge sie aber auch dem öffentlichen Auftreten sich nicht ganz entziehen und noch manche musi­kalische Aufführung durch ihr schönes Talent ver­herrlichen !
    Ueber Herrn von der Osten ist in diesen Blät­tern schon oft gesprochen und wir sind, nachdem wir ihn nun selbst gehört, mit dem Urtheile unseres Herrn Correspondenten in Berlin ganz einverstanden, nur dürfte zum Vortheil des Sängers zu bemerken sein, dass er an Tonbildung, reiner Intonation und Deut­lichkeit der Aussprache seit seinem ersten öffentlichen Auftreten zu Berlin im Anfang des Jahres 1851 ge­wonnen zu haben scheint. Herr von der Osten ist im­merhin cin beachtenswerthes Talent, welchem aber seine Sphäre so genau angewiesen ist, dass er ohne Gefahr für sich selbst ihre engen Schranken nicht überschreiten darf. Diese Sphäre bildet das lyrische Element, nur in diesem kann er sich mit Erfolg be­wegen; dem oratorischen und dramatischen Gesang ist er nicht gewachsen. Seine Stimme gehört zu jenen Tenören, deren Höhe leicht anspricht, die aber in ihrem ganzen Wesen etwas so Zartes haben, dass man es fast, krankhaft nennen möchte; es ver­lässt einen bei ihrem Klang ein gewisses Gefühl nicht, was demjenigen gleicht, welches man in der Unterhaltung mit liebenswürdigen aber sehr reizha­ren oder nervenschwachen Frauen empfindet. Dass dies eine liebliche Tonfarbe, die eben dadurch wie­der ihren besondern Reiz hat, nicht ausschliesst, ver­steht sich von selbst. Für Oratorienpartieen, na­mentlich für Händel'sche, fehlt es der Stimme an Intensität und dem Vortrag an Charakter; auch sind die Töne der tiefern Octave klanglos. Im Messias konnte daher der junge Künstler nicht befriedigen, und noch weniger in Beethovens neunter Sinfonie. Dagegen erntete er im Vortrage der Cavatine aus Mendelssohn's Paulus und der Beethoven'schen Ade­laide (s. unten) verdienten und rauschenden Beifall.
    Bei Herrn Salomon, Mitglied der königlichen Oper in Berlin, kehrt sich das Verhältniss in gewis­ser Hinsicht um. Herr Salomon hat ein schönes vollkräftiges Stimmmaterial, dessen Klangfülle auch grossen Räumen leicht gerecht wird. Allein seine Tonbildung ist mangelhaft; sein Ton ist zu kehlig und fett, manchmal gequetscht, und das ist bei den schönen Mitteln wahrhaft zu bedauern. Von bedeu­tender technischer Fertigkeit kann auch nicht die Rede sein, und der Vortrag im Oratorium war kalt und entbehrte dennoch jener edeln Ruhe, mit wel­cher der Kunstgenosse Salomon's in Berlin, der Bassist Krause, in dieser Gattung kirchlicher Mu­sik so schön wirkt. Es ist immer wieder die alte Litanei unserer Zeit: die Lunge triumphirt, und die Kunst des Gesangs hüllt sich in immer dichtere Schleier. Und bei solchen Zuständen tritt eine un­verständige, rohe Kritik, zumal in Deutschland, noch gegen Erscheinungen wie die Sontag, Novello, Ro­ger auf, anstatt dass sie Gott danken sollte, dass solche Priester noch vorhanden sind, um die heilige Flamme der Kunst auf dem Altar der Muse des Ge­sangs wenigstens noch so lange lodern zu lassen, bis die Cyclopen ihn zertrümmern! Nach einigen Stellen in Herrn Salomon's Leistungen am Musik­fest verzweifeln wir jedoch noch nicht an seiner Künstlerlaufbahn: aber ohne beharrliches Studium ist es leider heut zu Tage wohl möglich eine gute Theateranstellung zu erhalten, aber nimmermehr das Ziel des wahren Künstlers zu erreichen.
    Beim Schlusse unseres Berichts über den Messias müssen wir noch anführen, dass es allerdings zwei­felhaft ist, ob die Bezeichnung der 4 Stimmen im Anfang des Chors Nr. 13 (wie auch in Nr. 20) als Soli von Händel oder von Mozart herrühre; das letztere ist sogar wahrscheinlicher: in sofern lässt sich dann die Art, wie Dr. Schumann es singen liess, nämlich im Chor, rechtfertigen. Wenn uns aber doch einmal der Mozart-Händel'sche Messias gegeben wird, so kann uns ein Stückchen Restau­ration nichts helfen, und wenn jedem Dirigenten überlassen wird, nach seiner Ansicht einzelnes von Mozart wieder aufzugeben, so wissen wir am Ende gar nicht mehr, was wir eigentlich haben.
    Wir kommen zum zweiten Tage. Er brachte ein echt musikalisches Programm: C. M. v. Weber's Ouvertüre zur Euryanthe, F. Hiller's 125. Psalm, den ersten Act von Gluck's Alceste und Beethoven's neunte Sinfonie. Nur war ein einzelnes Solo-Gesang­stück zwischen der Weber'schen Ouvertüre und dem Hiller'schen Psalm angesetzt, was freilich nicht ganz passend war. Ursprünglich sollte es die Sopran-­Arie aus Mendelssohn's Elias sein „Höre, Israel!“, gesungen von Fräul. Natalie Eschborn vom Hof­theater in Stuttgart. Da aber diese Sängerin nicht beim Feste war (das Comité blieb die geziemende Anzeige über ihre Abwesenheit schuldig), so wurde statt jener die Tenor-Cavatine aus dem Paulus ein­geschoben, und, was wir denn hier gleich bemerken wollen, von Herrn von der Osten zart und schön gesungen, was auch vom Publikum anerkannt wurde. Sollte etwa der Name Mendelssohn durchaus auf das Programm? Das wäre allerdings in Düsseldorf, wo der Verewigte seinen Paulus schrieb, ganz an der Stelle gewesen; allein dann war eine einzelne Cavatine nicht bedeutend genug, ihn zu vertreten: ein schöner Act der Pietät würde es aber gewesen sein, wenn Frau Schumann am dritten Tage, statt einer Composition ihres Gatten, ein Clavierconcert seines berühmten Vorgängers in Düsseldorf gespielt hätte. Nun, es ist Schumann und dem Comité wohl eben nicht eingefallen, dass das wohl hübsch gewesen wäre.
    Die Ouvertüre zur Euryanthe wurde mit Kraft und Feuer ausgeführt; das Orchester war überhaupt, wie schon gesagt, vortrefflich. Dennoch sollte sich dessen Virtuosität, wie wir sehen werden, später noch glanzvoller bewähren. Die terrassenförmige Auf­stellung hätte wohl etwas mehr in die Höhe steigen können.
    Der 125. Psalm von Ferdinand Hiller ist eine der schönsten Compositionen, welche die neuere Zeit für diese ernste Gattung aufzuweisen hat. Na­mentlich ist der erste Chor: „Die auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen“ in jeder Hinsicht, in Erfindung und Durchführung, in Verschmelzung des Gesang- und Instrumentalchores ein Meisterstück, während der Schlusschor: „aber Friede sei über Israel“ eine selige Ruhe in so schönen Melodieen und Harmonieen athmet, dass selbst in manchem Männerauge Thränen glänzten. Dieser Psalm schliesst sich würdig dem Oratorium „Die Zerstörung von Jerusalem“ an, und Hiller ist unstreitig der einzige unter den Zeitgenossen, welcher Mendelssohn in der Composition kirchlicher Musik ersetzen kann. Dabei hat er den grossen Vorzug, dass er sich nicht in eine gewisse Manier verrannt hat und dass ein rich­tiges ästhetisches Gefühl ihn eben so sehr vor der neumodischen Rauhheit schroffer Harmonieen und unsangbarer Melodieen bewahrt, als vor dem Einer­lei einer gewissen Cantilenenform und der allzu ge­wischten Glätte. In dem Psalm ist uns nur Eins aufgefallen, nämlich die Wichtigkeit, welche die Com­position auf die Worte: „Um Jerusalem her sind Berge“ legt; sie scheinen uns im Zusammenhang des Ganzen nicht so grosser Bedeutung werth. Die Ausführung war unter der sichern Leitung des Com­ponisten, der überhaupt am zweiten Tage dirigirte, vorzüglich. Schade war es, dass Herr Koch, wel­cher das Tenorsolo in der Probe so vortrefflich sang, dass nur Eine Stimme darüber war, dass ihm die Soli im Messias hätten anvertraut werden müs­sen, am Abend der Aufführung nicht so gut dispo­nirt war, wie am Morgen.
    Es folgte der erste Act von Gluck's Alceste. Wir sind im Allgemeinen nicht für Opernmusik an Musikfesten, schon um der Componisten selbst willen, da man den Aufführungen im Concertsaale, wie wir schon oft in den Aufsätzen über unsere Feste be­merkt haben, die Hälfte der Bedingungen entzieht, welche zu ihrem vollständigen Eindruck gehören. Allein keine Regel ohne Ausnahme. Gluck's Opern sind von der Bühne verschwunden – kaum, dass man in Berlin, wo sie zur Zeit der Milder-Hauptmann und später der Fassmann noch ein bleibendes Asyl gefunden, jetzt wagt, sie dann und wann in Scene zu setzen, was gewöhnlich nur auf Befehl des Kö­nigs geschieht, dessen hoher und feingebildeter Kunst­sinn noch vor wenig Tagen die Iphigenia zur Fest­oper bestimmte. Wo soll nun ein Kunstfreund sich über den Verfall der dramatischen Musik trösten und zu der Hoffnung auf einen neuen Genius aufrichten, wo soll der jugendliche Künstler, dessen Ohr um­schwirrt wird von den Verkündigungen eines neuen Messias für die Oper, Gelegenheit haben, die Car­ricatur Gluck's von dem wahren Bilde des He­ros unterscheiden zu lernen, wo soll er begeistert werden, sich dem heiligen Priesterstande der Kunst zu weihen und das Gemeine abzuschwören, wenn nicht da, wo er jene unsterblichen Werke wieder einmal hört, oder, was heut zu Tage gar nicht selten sein dürfte, zum ersten Male hört?
    Schon deswegen verfällt Gluck's Musik recht ei­gentlich den Musikfesten, deren Aufgabe es ist, das Monumentale in der Kunst vor der Bilderstürmerei der heutigen Kunstwühler zu retten und zn sichern. Gluck's Alceste und seine beiden Iphigenien sind an­tike Tragödien; ja, wenn Einer sie heidnische Ora­torien nennen wollte, so hätten wir kaum etwas da­gegen. Wir wissen recht gut, dass die Gegenstände dieser Opern dem Vorstellungskreise der heutigen Welt fern liegen; aber wir wissen auch, dass die Declama­tionen gegen das Antike überhaupt zwar Mode sind, aber in der Regel auf Unbekanntschaft mit demsel­ben und auf Mangel an Empfänglichkeit und Bildung für Aufnahme seines hohen Geistes beruhen. Es wird keinen Stoff der antiken Tragödie geben, der nicht im Rein-Menschlichen aufgeht, und wir begrei­fen nicht, warum die antiken Sagen in musikalischem Gewande nicht eben so viel Theilnahme erregen sollten, als z. B. die alttestamentlichen, da es noch sehr bestreitbar sein dürfte, ob das Ertrinken von Pharao's Heer im rothen Meer ein grösseres Inter­esse für die Welt des neunzehnten Jahrhunderts hat, als das erhabene Opfer einer Gattin, die für ihren Gatten in den Tod geht.
    Aber abgesehen davon kommt es für unsern Fall ja gar nicht auf die Theilnahme an, welche die Hand­lung, die im Text ausgedrückt ist, in uns erregt, sondern es ist hier nur vom Cultus der Musik die Rede, vom Cultus einer der Heroen der Tonkunst, der nicht untergehen darf, und zwar deshalb nicht, weil er die Tiefe der menschlichen Empfin­dung in Tönen der Wahrheit ausgesprochen hat: ob da grichische, oder gothische, deutsche, ita­liänische oder französische Mythe oder Poesie zu Grunde liegt, ist gleichgültig. Ausserdem ist auch das ein Grund für die Auffüh­rung Gluck'scher Musik auf den Musikfesten, dass in der Regel nur bei diesen letztern diejenigen aus­gezeichneten Kräfte gefunden werden können, welche dem Vortrage jener Musik gewachsen sind.
    Wir hatten daher die Wahl des Comité's mit Freu­den vernommen und haben durch die Ausführung des I. Actes der Alceste einen Kunstgenuss empfunden, der zu den schönsten Erinnerungen aus der ganzen Reihe unserer Musikfeste gehören wird. Clara Novello war gross und herrlich im Recitativ und in den Arien. Die Arie aus Es-dur: „Erhört nur dies noch“, die wunderschöne in D-dur: „Nein! in den Tod mich hinzugeben“ und endlich die Selbst­weihe zum Opfertode: „Ihr Götter ew'ger Nacht!“ – wo kann man Edleres, Tieferes, Erhabeneres hö­ren, als solche Compositionen durch solchen Gesang in's Leben gerufen P Hieher, vor diesen Altar knieet hin und bekennt die Lästerung des Namens Gluck, die ihr so oft aussprecht als ihr euren Götzen des Drama's der Zukunft jenem Namen gegenüber oder gar über ihn stellt! Hier lernt, was die Arie ver­mag, die ihr verschmäht; hier lernt, was Melodie ist, die aus der Seele quillt, die Poesie des Worts vergeistigt und belebt, und dabei doch Musik, und dabei doch Gesang bleibt, und gesteht, dass bei euch keine Ahnung davon zu finden ist. Und wenn euch dann die Anhörung des Priestermarsches aus G-dur, der wie ein milder Vollmond aus dem Meere aufsteigt und in erhabener Ruhe an dem Ho­rizonte heraufschwebt, und der Ton des Orakels mit seinen erschütternden Harmonieen – das Urbild der Mozart'schen Grabesstimme des Comthurs – nicht im Innersten ergreifen und zur Anbetung des Einfach-­Schönen zurückführen, so mögt ihr zu dem Lärm der grossen Trommel, der Posaunen und vierund­zwanzig Trompeten nebst Zubehör auf euer ganzes Leben verdammt sein!
    Gegen Frau Novello fiel Herr Salomon als Ober­priester im dramatischen Vortrag und überhaupt in der Auffassung Gluck's ab. Wir konnten besonders bei der prächtigen Scene im Tempel eben nicht mer­ken, dass er „voll von dem Geiste des Gottes“ sei und dass „heilige Schauer ihn durchbebten“. Jedoch entfaltete er bei den Worten „Der Marmor bebt u. s. w..“ auf c und d eine herrliche Tonfülle und zeigte zu unserer Freude, dass er doch auch im Stande sei, etwas in die Stimme zu legen. Warum nicht immer so?

    ::: ENDE ARTIKEL aus der RHEINISCHEN MUSIK-ZEITUNG 4.6.1853. :::
    ::: DER GESAMTE ARTIKEL ZOG SICH ÜBER 3 AUSGABEN: 21.5.1853, 28.5.1853 und 4.6.1853 :::




QUELLE FÜR DIESE NUN FOLGENDE TABELLEN-LISTE (Jahre und Orte und Direktoren der Niederrheinischen Musikfeste, von K. J. hier nur abgedruckt bis 1853, weil dann das uns auf dieser Web-Seite interessierende 31. Musikfest stattfand.
    K. J. hat auch die Verlinkungen gelöscht ... und die WIKIPEDIA-englische-Version-Verlinkungen allein für das Jahr 1853 stehenlassen. (Siehe das GELB markierte FELD weiter unten.)
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>>>The table lists the chronology of the Lower Rhenish Music Festival, compiled from a selection of reliable sources.<<<

https://en.wikipedia.org/wiki/Lower_Rhenish_Music_Festival – Die Quellen für eine solche Liste sind aber nicht angegeben.

serial number year place Directors of festival specifics/premiere/significant soloists (selection)
0 1817 Elberfeld Johannes Schornstein Officially it doesn't ranking to this cycle, but it believes as an initial spark;
1 1818 Düsseldorf Friedrich August Burgmüller Top priority: The Seasons and Schöpfungsmesse of Joseph Haydn; Soloist: Johannes Schornstein (piano)
2 1819 Elberfeld Johann Schornstein
3 1820 Düsseldorf Friedrich August Burgmüller German premiere of the oratorio "Samson" of George Frideric Handel; Soloist: Johannes Schornstein (piano)
4 1821 Cologne Friedrich August Burgmüller, The city of Cologne new in the programme; inter alia promote through Erich Verkenius, president of the Cologne University of Music
5 1822 Düsseldorf Friedrich August Burgmüller world premiere of the oratorio "Das befreite Jerusalem" of Abbé Maximilian Stadler; For logistic reasons Düsseldorf deputized for Elberfeld. At first-time in the hall of knights of the old castle of Düsseldorf.
6 1823 Elberfeld Johannes Schornstein
7 1824 Cologne Friedrich Schneider World premiere of the oratorio "Die Sündflut" of Friedrich Schneider
8 1825 Aachen Ferdinand Ries City of Aachen new in the programme; German premiere of the Symphony No.9 of Ludwig van Beethoven in celebration of opening of Theater Aachen
9 1826 Düsseldorf Louis Spohr and Ferdinand Ries Düsseldorf premiere of the oratorio "The Last Judgement" of Louis Spohr (Text: Johann Friedrich Rochlitz) and the Symphony Nr. 6 D major op. 146 of F. Ries; First-time the festival takes over three days.
10 1827 Elberfeld Johann Schornstein and Erich Verkenius Last participation of the City of Elberfeld;
11 1828 Cologne Bernhard Klein, Ferdinand Ries and Carl Leibl World premiere of the oratorio "Jephtha" of B. Klein and a new recording concert overture at "Don Carlos" of F. Ries
12 1829 Aachen Ferdinand Ries
13 1830 Düsseldorf Ferdinand Ries German premiere of the overture "Braut von Messina" op. 162 of F. Ries, (Text: Friedrich Schiller), also Düsseldorf premiere of the oratorio "Judas Maccabaeus" of G. F. Handel
14 1832 Cologne Ferdinand Ries
15 1833 Düsseldorf Felix Mendelssohn German premiere of Symphony No. 4 (The Italian) and a "festival-overture" of F. Mendelssohn, also the oratorio Israel in Egypt in the German original version of G. F. Handel; new in the programme: morning concerts
16 1834 Aachen Ferdinand Ries Soloist: Frédéric Chopin (piano)
17 1835 Cologne Felix Mendelssohn Solomon of G. F. Handel in original score and with comp of organ; Choir master: Fanny Mendelssohn
18 1836 Düsseldorf Felix Mendelssohn World premiere of the oratorio "St. Paul" of F. Mendelssohn; Choir master: J. Schornstein
19 1837 Aachen Ferdinand Ries World premiere of the oratorio "Die Könige in Israel" of Ferdinand Ries
20 1838 Cologne Felix Mendelssohn
21 1839 Düsseldorf Felix Mendelssohn Guest appearance and successfully artistic breakthrough of the composer Hubert Ferdinand Kufferath; world premiere of a festival-overture of Julius Rietz; Choir master: J. Schornstein
22 1840 Aachen Louis Spohr
23 1841 Cologne Conradin Kreutzer
24 1842 Düsseldorf Felix Mendelssohn
25 1843 Aachen Carl Gottlieb Reissiger
26 1844 Cologne Heinrich Dorn German premiere of Missa Solemnis D major op. 123 of L. v. Beethoven
27 1845 Düsseldorf Julius Rietz German premiere of the "Requiem" of Wolfgang Amadeus Mozart; Nine years pause follows because the Revolutions of 1848 in the German states
28 1846 Aachen Felix Mendelssohn Soloist and discovery of the "Swedish Nightingale" Jenny Lind (soprano)
29 1847 Cologne Heinrich Dorn, Gaspare Spontini and George Onslow German premiere of the Symphony No. 4 G major op. 71 of G. Onslow
30 1851 Aachen Peter Josef von Lindpaintner
31 1853 Düsseldorf Robert Schumann, Ferdinand Hiller and Julius Tausch World premiere of the Symphony No. 4 d-minor op. 120 and the festival-overture Op. 123 of R. Schumann; Soloist: Clara Schumann (piano) and Joseph Joachim (violin);




ES FOLGT: aus der Duesseldorfer Zeitung 18.5.1853 eine ...

Anzeige-von Geisler's / Geislers Gartenlokal für ein Musik-Konzert im Garten, aber nun am 18-5-1853. (Geisler's Garten-Local)

Das war einen Tag NACH dem 31. Niederrheinischen Musikfest, welches am 17.5.1853 bekanntlich endete.Offenbar war der Pfingstmittwoch auch noch ein bedeutender Ausgeh-Tag. Viele Angereiste blieben vielleicht noch länger in der Stadt.

Die (neue) "Tonhalle" gehörte ebenfalls zum Gelände von Geisler. Schadowstraße. Sie stand im Garten des Garten-Locals. Und sie war bereits 1852 neu errichtet worden. Als Anbau an die alte Halle. – Hier aber, siehe Anzeige unten, 18.5.1853, wird möglicherweise unter freiem Himmel gesungen.



K. J. hat diese Anzeige grob "ausgeschnitten", aus der "Düsseldorfer Zeitung", und auf 800 pix Breite gebracht und auf diese Homepage-Seite gesetzt, am 28.8.2025.







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Schauen Sie auch auf der Homepage-Seite Komponistinnen/en-Liste dazu für

Vertonungen zu den W.-M.-v.-K.-Gedichten aus "Junge Lieder".
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Siehe u. a. auch:

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Der Verleger Ernst Röhre in Krefeld |



Die Tragik von etlichen Wirtschaft(s)- und Zahlen-Artikeln | Doppel-Wort-Liste / Doppelwort: Man verliest sich |

 



Häresie im Traumland. Gedanken über das Goethe-Institut |





Die Familie Bermbach, hier in der Linie Camberg Wiesbaden Köln Krefeld et al.
DIREKT-LINK

Zu Adolph Bermbach, dem Mitglied der Paulskirchen-Versammlung. Kurze Biographie.

Der Prozess gegen das Mitglied der Nationalversammlung 1848/1849, Adolph Bermbach, am 9.1.1850 in Köln wegen Umsturz/Complott/Hochverrat etc.



DIREKT-LINK ernst-faber-1895-china-in-historischer-beleuchtung-komplett-als-online-text.htm
Ernst Faber, 1895, "China in historischer Beleuchtung" ||| komplett als offener Online-Text

DIREKT-LINK ernst-faber-1895-china-in-historischer-beleuchtung-komplett-als-online-text.htm

UND EINE KLEINE BIBLIOGRAFIE ZU ERNST FABER IST HIER: DIREKT-LINK buecher-und-publikationen-von-ernst-faber.htm



ALS (zudem mahnende) QUELLE: Das Schriftleitergesetz der Nationalsozialisten von 1933 im kompletten Originaltext (Wortlaut)






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von/zu Wolfgang Müller von Königswinter

TABELLARISCHE BIOGRAFIE Zeitleiste
von/zu Wolfgang Müller von Königswinter, TEIL 1
W. M. v. K.

TABELLARISCHE BIOGRAFIE Zeitleiste
von/zu Wolfgang Müller von Königswinter, TEIL 2.


Liste der Bücher | Publikationen | Veröffentlichungen (Bibliografie) zu/für/von Wolfgang Müller von Königswinter.

Bislang bekannte Briefe an und von Wolfgang Müller von Königswinter

Komponistinnen/en-Liste zu "Junge Lieder"

Ein paar T e x t e von Wolfgang Müller von Königswinter

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Einige Personen zu und um Wolfgang Müller von Königswinter

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